Zum Wegwerfen gebaut

Brennt und brennt und brennt!

In der Feuerwache „Station 6“ der Stadt Livermore nahe San Francisco im US-Bundesstaat Kalifornien hängt seit 1901 eine Glühbirne, und sie brennt noch immer!

Die Livermore Glühbirne, auch „Centennial Lightbulb“ genannt, wurde bald nach der Erfindung der Glühbirne gebaut. Die Jahrhundert-Birne leistete ungefähr ein Jahrzent lang eine Leuchtkraft von ca. 60 Watt, bis sich ihre Leuchtkraft kontinuierlich über mehr als 100 Jahre auf 4 Watt verringert hat. Die langlebige Glühbirne besitzt einen 8-mal dickeren Glühfaden und brennt 24 Stunden am Tag, ohne der erhöhten Spannung des Ein und Ausschaltens ausgesetzt zu werden.

Man stelle sich heute ein i-Pod vor, der nach mehr als einem Jahrhundert immer noch funktioniert!

Die Ewigkeitsbirne gilt als Beweis für die Existenz der geplanten Obsoleszenz. Anders ausgedrückt: Glühbirnen werden gezielt für die Müllhalde gemacht – aber nicht nur die!

Von geplanter Obsoleszenz oder „künstlicher“ Produktalterung (geplanter Verschleiß) wird gesprochen, wenn ein Produkt vorzeitig, also vor der erwarteten natürlichen Alterung seine Funktion verliert oder wenn die Einführung eines neuen Produktes bzw. einer neuen Technologie, dazu führt, dass ein noch funktionstüchtiges Produkt die Erwartungen des Nutzers/der Nutzerin nicht mehr erfüllt und dieser daher ein neueres kaufen will oder muss.

Für UnternehmerInnen ist die absichtliche Kurzlebigkeit von Produkten ein „vermeintlicher“ Segen, für uns KonsumentInnen ein Fluch!

Dass die Lebenszeit von Produkten vorsätzlich verkürzt wird, ist nichts Neues: Die Idee ist mit der Konsumgüter-Industrie geboren worden – Gegenstände mit kurzer Haltbarkeit zu produzieren ist eine Garantie dafür, dass die KonsumentInnen nicht aufhören zu kaufen. Wegwerfen ist somit ein wichtiger Motor unserer Konsumgesellschaft.

Unser Alltag ist fast unvorstellbar ohne Handys, Flachbildfernseher und Laptops – sie alle haben aber eine stark begrenzte Lebensdauer. Allgegenwärtig verleiten uns die attraktiven Angebote der Mobilfunkbetreiber dazu, unser Handy häufig zu wechseln: Im Durchschnitt kaufen sich EuropäerInnen alle 18 Monate ein neues Handy.

Durch unsere Wegwerfmentalität verbrauchen wir enorme Mengen an Ressourcen. In Europa ist der Ressourcenverbrauch über die letzten Jahrzehnte dramatisch angestiegen: Wir verbrauchen um 50 Prozent mehr Ressourcen als noch vor 30 Jahren.

Die Centennial Bulb wurde ca 1900 in Ohio, Cleveland von der „Shelby Electric Company“, deren Besitzer Adolphe Chaillet4 war, produziert.

Chaillet, der 1867 in Frankreich geboren wurde, arbeitete bis 1878 in der Glühbirnenfabrik seines Vaters in Paris, danach half er im Labor Schaefer Co. in Deutschland bei der Herstellung von Glühfäden.

1892 ging er die USA, 1896 gründete er seine Fabrik Shelby in Ohio. Er demonstrierte eine komplett neue Methode, die seine Glühbirne allen anderen am Markt befindlichen überlegen machte. Die Langlebigkeit der Centennial Lightbulb liegt an einem 8-mal dickeren Glühfaden und an der Tatsache, daß sie 24 Stunden am Tag brennt, ohne der erhöhten Spannung des Ein und Ausschaltens ausgesetzt zu werden.

Shelby wurde 1914 von General Electric erworben.

Die geplante Obsoleszenz ist so tief in der Produktionsmentalität der Industrie verwoben, dass uns Verbrauchern gar nichts anderes übrig bleibt, als zu kaufen und viel zu bald wegzuwerfen.

Die AutorInnen einer Studie des Umweltbundesamtes Deutschland argumentieren, dass der Wunsch nach einem besseren Gerät bei einer Neuanschaffung kaufentscheidend ist. In erster Linie würden die Nutzungsparameter eines Produkts die Produktlebensdauer bestimmen. Diese orientieren sich an Zielen und Zielgruppen sowie an Markt- und Technologieentwicklungen. Die Anforderungen an ein Produkt sind daher unterschiedlich, je nach Artikel und Unternehmen. Hersteller planen meist schon von vornherein eine verkürzte Lebensdauer ein, weil KonsumentInnen die Geräte immer schneller austauschen.

Es gibt bis heute zwar nur extrem wenige Fälle, in denen Herstellern kurzlebiger Produkte Vorsatz nachgewiesen werden konnte. Der Begriff „planned obsolescence“ geht übrigens auf den Immobilienmakler Bernard London zurück, der in einem 1932 veröffentlichten Aufsatz Ending the Depression Through Planned Obsolescence seine Idee zu popularisieren versucht hat.

Er wollte die Great Depression, in der die Vereinigten Staaten sich seit 1929 befanden, durch einen massiven Eingriff in den Markt auf einfache Weise  heilen: Er schlug vor, sowohl Investitions- als auch Konsumgüter nur mit einer befristeten Gebrauchserlaubnis zu verkaufen und danach zu zerstören. Anders als viele heutige Benutzer des Wortes verstand London unter „geplanter Obsoleszenz“ keineswegs eine Modifikation des Produktes selber.

In Deutschland galten in den 1970er Jahren neben der Kleidermode vor allem die Korrosionsanfälligkeit von PKW-Karosserien und Auspuffanlagen und das absichtliche Unterlassen einer Haltbarkeitsverbesserung durch fabrikmäßige Hohlraumkonservierung als Beispiele für geplante Obsoleszenz.

Unter den wenigen Fällen, in denen Herstellern Manipulationen zur kontrollierten Haltbarkeitsminderung tatsächlich nachgewiesen werden konnten, ist der des Phoebuskartells der bekannteste: Die Mitglieder dieses unter der Führung von General Electric zusammengetretenen Kartells hatten sich 1925 über eine Lebensdauerbegrenzung von Glühlampen abgesprochen. Der Industriestandard der Lebensdauer, der 1924 noch bei 2.500 Stunden gelegen hatte, sank bis 1940 auf 1.000 Stunden.[51] Das Kartell wurde 1941 aufgelöst, General Electric wurde 1953 rechtskräftig verurteilt.

Ähnliche Vorwürfe gab es in der Vergangenheit gegen die Hersteller von Nylonstrümpfe, Tintenstrahldrucker und die Firma Apple, gegen die in den USA ein Gerichtsverfahren eingeleitet wurde, das im März 2020 in einem Vergleich endete. Man warf der Firma vor, eine Leistungsherabregelung in älteren iPhones vorgenommen zu haben, was Apple auch notgedrungen bestätigte. Apple erklärte sich bereit, an die Geschädigten eine Gesamtsumme von bis zu 500 Mio. US-Dollar zu zahlen. In Frankreich musste das Unternehmen nach einem Gerichtsurteil 25 Mio. Euro zahlen. In Italien verhängte ein Gericht gegen Apple und Samsung im selben Zusammenhang eine Geldbuße von 10 Mio. Euro.

Überall auf der Welt hat es Versuche der Politik gegeben, dem Problem der geplanten Veralterung zu begegnen – ohne allzu großen Erfolg. So kündigte die Europäische Union an, Smartphone- und Tablet-Hersteller ab 2023 dazu zu verpflichten, langlebigere Akkus zu verbauen. Mit welchem Erfolg möge jeder von uns selbst aus der Praxis beurteilen.

Seit 2015 ist in Frankreich das absichtliche Verkürzen der Lebensdauer von Produkten eine Straftat, die mit bis zu zwei Jahren Gefängnis und 300.000 Euro Geldstrafe geahndet werden kann.

Anders als in Deutschland sind Händler in den Vereinigten Staaten per Gesetz verpflichtet, ihren Kunden eine Produktgarantie einzuräumen. Auf der Grundlage des 1975 in Kraft getretenen Magnuson–Moss Warranty Act ist jede Neuware, die mehr als nur wenige US-Dollar kostet, beim Verkauf durch eine Garantie abgedeckt. Bei der großen Mehrzahl der Produkte wird eine Werksgarantie von einem Jahr eingeräumt, wobei zwischen voller und begrenzter Garantie zu unterscheiden ist; letztere bezieht sich nur auf bestimmte Teile, bei deren Austausch für den Käufer überdies Handwerkerkosten anfallen können.

Am Ende bleibt uns nur die Erkenntnis, dass wir mit unserer Konsumwut selbst schuld an der Misere sind. Und werden eines Tages unter unseren Müllbergen verschwinden. Es sei denn, die Industrie wacht eines Tages auf und beginnt, flächendeckend mit dem Ziel der langen Nutzung zu produzieren.

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