Im Winter zieht es den Deutschen in den Süden, und so sind auch meine Frau und ich vor dem Schnee zum Golfen auf die Sonneninsel Mallorca geflohen; eine Wahl, die uns umso leichter fiel, als mir im November ein Werbeflyer der Hotelgruppe Marriott ins Haus geflattert war mit einem Angebot, das man – wie Marlon Brando sagen würde – nicht ablehnen konnte: 145 Euro für 4 Übernachtungen in einer Ferienvilla am Golfplatz, Mietwagen inklusive. Ich habe also zugeschlagen, noch bei Air Berlin zum Pressetarif zwei Flüge gebucht, und so fanden wir uns am Fest der heiligen Drei Könige plötzlich im „Vacation Club Son Antem“ wieder.
Natürlich hat ein solches Angebot einen Pferdefuß. In unserem Fall bestand er in der Verpflichtung, einer angeblich rund 90-minütigen Präsentation zum Thema „Time-Sharing“ beizuwohnen. Die mehr als 250 Villen werden nämlich von der Marriott-Tochter wochenweise an Club-Mitglieder vergeben, die dafür allerdings erst mal abstecken müssen. Wie viel, darüber hüllt sich der Club zumindest auf seiner Webseite und in den verschickten Prospekten in Schweigen.
Wir sind also zur verabredeten Zeit ins „Clubhaus“ marschiert, wo uns ein freundlicher junger Mann in Empfang nahm. Er hieß Christian und arbeitet seit acht Jahren auf der Insel. Früher hat er offenbar recht erfolgreich Immobilien verkauft, aber der Markt sei vergangenes Jahr komplett eingebrochen, und so versucht er jetzt Ferienwillige von den Vorzügen der Teilzeit zu überzeugen.
Er macht das auch wirklich sehr gut. Jedenfalls hätte er mich fast überzeugt. Als Mitglied stünde mir pro Jahr eine komplette Woche in meinem „Heimatclub“ Son Antem oder wahlweise, gegen „einen geringen Aufpreis“, in Dutzenden von ähnlichen ferienanlagen auf der ganzen Welt. Er hat viel über die Freuden des Clublebens erzählt und davon, wie werthaltig so eine Investition sei, da ich bis an mein Lebensende die Vorzüge genießen und das Wohnrecht anschließend sogar an meine Tochter vererben könne.
Alles ganz starke Argumente, wie gesagt. Aber irgendwann kam dann der spannende Moment, an dem der Elefant sein Wasser lassen und Christian die Zahlen auf den Tisch legen musste. Und da war das Gespräch dann auch ganz schnell wieder zu Ende. Denn für diese eine Woche in Teilzeit-Eigentum sollte ich 20.300 Euro bezahlen. Wohl gemerkt in der Nebensaison, im Ferienverkäuferjargon „Silber-Zeit“ gnannt. Es gibt noch Gold und sogar Platin. Das ist dann zur Haupt-Ferienzeit.
Dann schob Christian noch ein „paar kleine Details“ nach. Zum Beispiel die Nebenkosten. Die würden für meine Silber-Woche satte 780 Euro betragen. Auf 7 Tage umgelegt sind das ja mehr als 110 Euro. DSafür gibts allerdings auch Service wie im Marriott-Luxushotel nebenan: Zimmermädchen, die Betten machen und die Spülmaschine einräumen, zweimal die Woche durchputzen und den Müll raustragen. Inbegriffen wären auch Wasser, Strom und Gärtnerarbeiten, also tatsächlich eine ganze Menge. Abe rtrotzdem ganz schön viel Geld für eine Woche, für die ich schon 20 Riesen hingeblättert habe.
Wir haben jedenfalls dankend abgelehnt, was Christian mit Fassung trug. Er hat sich sogar noch ein bisschen zeit genommen, mit uns über das Inselleben eines Expatrioten zu reden. Er lebt gerne auf Mallorca, spielt Bass in einer AC/DC-Band, hat viele Freunde. Wie lange er sich dieses Leben noch wird leisten können wiß er nicht, hängt wohl davon ab, wie die Geschäfte mit dem Teilzeit-Wohnen laufen.
Ich kann nur hoffen, dass keiner seiner Kunden so spitz rechnen kann wie meine Frau. Die meinte später: „Eine Woche kostet 20.300 Euro. Mal 52 Wochen im Jahr, dann kostet die Burg ja insgesamt über eine Million!“ Nicht schlecht für zwei Stockwerke in einem Reihenhaus. Ja, das Wohnzimmer ist groß und hell, durch einen Tresen von der sehr schön eingerichteten Küche abgetrennt. Oben gibt es zwei Schlafzimmer, jedes mit eigenem Bad und Toilette. Ich schätze das Ganze auf eine Grundfläche von 80 bis 100 Quadratmetern, macht also 10.000 Euro pro Quadratmeter. Da kommen nicht einmal die Münchner Innenstadtpreise mit. Und ich, ehrlich gesagt, auch nicht. Aber ich bin wohl in der Minderheit, denn laut Christian sind zumindest die schönsten Wochen im jahr alle schon verkauft, hauptsächlich an Deutsche.
Die lassen sich ihren Zugvogel-Instinkt offenbar gerne etwas kosten.