Deutschland und die Globalisierung: Auch so ein Thema, das die Welt entzweit. Für die einen sind die Deutschen ein Volk von Technokraten, die es nicht verstehen, die seelenlose Perfektion produzieren. Für die anderen sind sie hoffnungslose Kleindenker, denen im Zeitalter weltweiter Vernetzung ganz einfach der Weitblick fehlt.
Der frühere Hamburger Oberbürgermeister Dr. Klaus von Dohnanyi, den ich kürzlich auf der Jahrestagung des Marketingsverbands „Musterhaus-Küchen“ traf, glaubt auch, dass die Deutschen anders sind, und er sieht die Wurzeln dieser Andersartigkeit schon in grauer Vorzeit bei den Germanenstämmen, von denen die Deutschen einen weltweit einzigartigen Gemeinschaftssinn abbekommen haben sollen.
Das bereitet zwar gelegentlich Probleme, sei aber im Grunde eine Chance, wenn es gelingt, dieses Wirgefühl ins Internet-Zeitalter zu übertragen – denn dort werde es dringend gebraucht. „Nicht rücksichtsloser Individualismus, sondern vernetztes Denken ist heute gefragt“, sagte er. Womöglich haben die Deutschen da den anderen sogar etwas voraus.
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Die Möbler von Musterhausküchen haben mich total überrascht. Während meiner Erfahrung nach die meisten Verbände eher zögernd auf die Herausforderungen des Internet reagieren und mühsam um Konsens ringen, ist diese Gemeinschaft von über 1.000 mittelständigen Küchenfachgeschäften mit einer beneidenswerten Konsequenz ans Werk gegangen.
Jeder Geschäftsführer bekam einen eigenen PC verpasst, mit dem er selbst per Internet seine aktuellen Geschäftsdaten – Umsatzzahlen, Bestellstatus, offene Posten – online abrufen kann. Er kann sich per Mausklick von der Hausbank eine Absatzfinanzierung zusammenstellen lassen und natürlich kann er das komplette Sortiment online bestellen. Er kann seinen Laden mit Hilfe von Quicktime-3D-Technik gegenüber dem Kunden ins rechte Licht rücken, und in Zukunft wird es sogar eine Online-Küchenplanung geben.
Ganz ohne Reibungsverluste ging das alles nicht, wie mir der Geschäftsführende Gesellschafter, Hans Strothoff, erzählte: Eine Handvoll langjähriger Mitglieder, die sich trotz aller Überzeugungsversuche hartnäckig gegen den Fortschritt stemmten, wurden schließlich aus dem Verband ausgeschlossen. „Konsens ist gut“, meinte Strothoff, „aber irgendwann ist Schluss. Dann nämlich, wenn nichts mehr vorwärtsgeht.“