Die Welt und wir selbst verändern uns unter dem Druck von Digitalisierung und Vernetzung. Immer mehr von uns verbringen immer mehr von unserer Zeit in einer „Welt hinter dem Bildschirm“, in dem es – wie in Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ zwar alles gibt, was es in der „richtigen“ Welt auch gibt, in der aber auch vieles anders ist und man manchmal auch nach anderen Spieregeln spieln muss. Aber welche Regeln sind das? In unserem neuen Buch „Digitale Aufklärung – Warum das Internet uns klüger macht“, das am 9. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt wird, machen sich mein Freund Ossi Urchs und ich uns auf um nach den neuen Regeln zu suchen, die wir brauchen werden, wenn wir als Einzelne und als Gesellschaft in Zukunft zu Recht zu kommen. Es sind neue Denkkategorien gefragt, und die führen unweigerlich zu neuen Denkweisen, aber auch zu neuen Werten. Aber was ist mit den alten Kategorien und Werten? Welche davon taugen noch als Orientierungsmarken in einer Welt, die sich „im Internettempo“ verändert und sich noch verändern wird? Wir haben dazu 10 Thesen formuliert, die wir an den Anfang des Buches stellen, und die wir hier in loser Folge gerne zur Diskussion stellen wollen. Kommentare und Kritik, Zustimmung oder Widerspruch, Ablehnung oder gefälliges Kopfnicken sind ausdrücklich erwünscht.
These 1: Alles was sich digitalisieren lässt, wird digitalisiert. Alles, was sich vernetzen lässt, wird vernetzt. Und das verändert alles!
Der Mega-Trend zur Digitalisierung hat vor allem wirtschaftliche Gründe, die weltweit unter dem griffigen, wenn auch irreführenden Titel „Moore’s Law“ bekannt geworden sind. Denn eigentlich hat das, was Gordon E. Moore, einer der Gründer von Intel, schon 1965 erkannte, weniger den Charakter eines (Natur-)Gesetzes als den einer Hypothese, die sich allerdings bis heute als durchaus tragfähig erwiesen hat.
Moore beschreibt mit seinem „Gesetz“ lediglich die Eigenschaft digitaler Geräte, ihre Kapazität ziemlich genau alle zwei Jahre zu verdoppeln, also exponentiell zu erhöhen. Implizit bedeutet dieses exponentielle Wachstum (das uns auch an anderer Stelle immer wieder begegnen wird) aber auch eine Halbierung der Kosten digitaler Rechenleistung. Und genau dies ist, mehr noch als andere Faktoren, wie der Wegfall variabler Kosten, der eigentliche Treiber des Preisverfalls in allen Märkten, die von der Digitalisierung erreicht und verändert werden. Dieser Preisverfall betrifft also nicht nur Mikroprozessoren und digitale Speichermedien, sondern auch Kühlschränke und Waschmaschinen, Fernsehgeräte und Telefone, um nur wenige Beispiele für Produkte zu nennen, die heute von Mikroprozessoren gesteuert werden. Indirekt erreicht der Preisverfall digitaler Produkte sogar die Distributionslogistik und andere Dienstleistungen, die zunehmend digital gemanagt werden.
Und wie immer, wenn Märkte von einem derartigen Preisverfall erreicht werden, bemühen sich die Anbieter um möglichst direkte Beziehungen zu ihren Kunden, mit dem Ziel, alle, die nicht unmittelbar an der Wertschöpfung beteiligt sind, aus diesem Zusammenhang auszuschließen. Ermöglicht werden solch direkte Beziehungen heute durch einen Grad weltweiter Vernetzung von Herstellern und Händlern, Märkten und Kunden, wie wir ihn uns alle noch vor wenigen Jahren nicht hätten vorstellen können. Und beides zusammen, die immer weiter fortschreitende Digitalisierung einhergehend mit der globalen Vernetzung von Märkten und Menschen, hat in den letzten zwei Jahrzehnten nicht nur die gesellschaftlichen, sondern eben vor allem die wirtschaftlichen Verhältnisse „zum Tanzen“ gebracht.