Wenn künstliche Intelligenz Ideen klaut

How We Think About Copyright and AI Art | Electronic Frontier Foundation

Quelle: Electronic Frontier Foundation

 Gastbeitrag von Dr. Michael Metzner*

Künstliche Intelligenz findet auch unter Kreativen zunehmend Akzeptanz. Ob Texte, Bilder, Musik oder sogar Videoclips – KI erstellt mittels der richtigen Prompts in Sekundenschnelle Werke, für die ein menschlicher Künstler Stunden brauchen würde.

Gelegentlich entstehen dabei jedoch Resultate, die die Erschaffer schnell in rechtliche Schwierigkeiten bringen können – so zum Beispiel bei KI-generierten Kinderbuchcovern, die geschützten Motiven bisweilen zum Verwechseln ähneln.

Zwar argumentieren Verfechter der Technologie oftmals damit, man könne als Endnutzer nicht nachvollziehen, woher die KI ihre Informationen holt, jedoch spricht dies die Ersteller entsprechender Werke nicht frei. Verletzen KI-Inhalte Rechte am geistigen Eigentum, können sich die Geschädigten genauso dagegen wehren, wie sie es bei anderen Urheberrechtsverletzungen tun würden.

 Die Annahme, KI erschaffe komplett neue Werke auf Basis von Nutzerinput, hält sich noch immer beständig. Tatsächlich rekombiniert sie jedoch Charakteristika zuvor eingespeister Trainingsdaten. In einigen Fällen greifen KI-Entwickler auf Milliarden einzelner Datensätze aus Beispieldateien und den dazugehörigen Beschreibungen zurück, um ihr System zu trainieren. Anhand dieser „lernt“ die KI, Muster zu erkennen und bestimmte Töne, Formen oder Farbverläufe spezifischen Keywords zuzuordnen. Dies ermöglicht es ihr, Prompts zu verstehen und darauf basierende Werke zu generieren.

Dabei befolgt sie jedoch ausschließlich die Anweisungen des Nutzers auf Basis der Trainingsdaten – sie schafft also nichts Neues und zeigt keinerlei künstlerische Initiative. KI ist also genau wie Photoshop und Co. nur ein Tool, das Kreative nutzen, um neue Werke zu erstellen.

Da die KI keine natürliche Person ist, kann sie auch keine Rechte an geistigem Eigentum erwerben. Werke, die mit KI erstellt werden, werden dadurch automatisch zum Eigentum des Anwenders. Zusammen mit den zahlreichen Missverständnissen zum Thema KI führt dies zum Mythos vom sogenannten „AI-Washing“ – der irrtümlichen Annahme, ein KI-generiertes Werk könne keine Urheberrechte verletzen.

Ob ein Werk die Urheberrechte eines anderen verletzt, entscheidet jedoch nicht das verwendete Werkzeug, sondern die Nähe der neuen Kreation zu urheberrechtlich geschützten Werken. Generiert eine KI einen Output, der erhebliche Ähnlichkeiten zu einem bestehenden Werk aufweist, kann dessen Urheber also diejenigen in Regress nehmen, die an der Erstellung des Plagiats beteiligt waren und die es unberechtigterweise verbreiten. Somit kommen drei Personengruppen als potenzielle Ziele für eine Klage in Betracht:

  1. Entwickler und Betreiber

Ob die Entwickler einer KI für Urheberrechtsverstöße haftbar sind, hängt im Wesentlichen von ihren Methoden sowie den verwendeten Trainingsdaten ab. Wurde eine KI ohne Zustimmung des Urhebers mit geschützten Werken trainiert, machen sich ihre Entwickler und die Betreiber der Plattform, die sie anderen zur Verfügung stellt, dadurch gegebenenfalls eines Urheberrechtsverstoßes schuldig.

Auch das LAION-Urteil vom 27.9.2024 stellt keinen Freifahrtschein dar. Zwar sprach das Landgericht Hamburg dem Verein LAION e.V. das Recht zu, Data-Mining zu nicht-kommerziellen Forschungszwecken zu betreiben – die kommerzielle Verwendung als Trainingsdaten für künstliche Intelligenz war jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Frage, ob es generell zulässig ist, geschütztes Material im Training einer KI zu nutzen, bleibt deshalb weiterhin offen.

  1. Nutzer von KI

Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) gewährt dem Urheber das exklusive Recht, über sämtliche Veröffentlichungen und Verwertungen seines Werks und dessen Abwandlungen zu entscheiden. Bei KI-generierten Inhalten fällt es dem Nutzer jedoch schwer, eigenständig zu beurteilen, ob ein ausreichender Abstand zu existierenden Werken vorliegt, um die Kriterien für ein transformatives Werk zu erfüllen. Liegen offensichtliche Ähnlichkeiten zu geschützten Werken vor, begibt sich der Ersteller eines KI-generierten Inhalts rechtlich auf dünnes Eis, sobald er diesen veröffentlicht.

  1. Verbreiter KI-generierter Inhalte

Zuletzt hat theoretisch auch jeder, der Inhalte verbreitet, eine Sorgfaltspflicht zu erfüllen. Besonders bei der Nutzung in sozialen Netzwerken oder in Werbematerial machen sich diejenigen schnell einer Urheberrechtsverletzung schuldig, die KI-generierte Inhalte unreflektiert verwenden. Urheber könnten in solch einer Situation Schadenersatz und die Einstellung der Verbreitung fordern, falls ein Inhalt ihre Rechte am geistigen Eigentum verletzt.

Wenngleich die meisten Gesetzesinitiativen zur Reglementierung von KI noch in den Kinderschuhen stecken, ist es Geschädigten auf Grundlage des UrhG und des BGB dennoch möglich, Urheberrechtsverstöße durch KI zu verfolgen. Entdeckt ein Urheber ein KI-generiertes Werk, das seinen eigenen Kreationen auffällig ähnlich sieht, sollte er deshalb schnell handeln und sich rechtlichen Beistand suchen. Unter anderem besteht die Möglichkeit, gegen die Verbreiter urheberrechtswidriger KI-Inhalte Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche durchzusetzen, um so die Entfernung entsprechender Werke zu erwirken und die Weiterverbreitung zu unterbinden.

Ferner haben Geschädigte die Möglichkeit, Auskunft darüber einzuklagen, wo und wie die betreffenden Inhalte verwendet wurden und gegebenenfalls sogar, mit welchen Daten die KI trainiert wurde. Dies legt die Grundlage für weitere rechtliche Schritte. So regelt § 823 BGB, dass Geschädigte bei Verletzung eines Rechtsguts durch vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten einen Anspruch auf Schadenersatz haben. Dies gilt selbstredend auch, wenn eine KI involviert ist. Besonders im Falle einer kommerziellen Nutzung der Inhalte kann es durchaus ratsam sein, diesen Weg zu verfolgen.

KI ist schon längst kein rechtsfreier Raum mehr. Während in den USA bereits erste Prozesse gegen KI-Unternehmen laufen, die auch international die weitere Behandlung von Urheberrechtsverletzungen durch KI beeinflussen könnten, tritt in der EU seit dem 2.2.2025 stufenweise die Verordnung über künstliche Intelligenz (KI-VO) in Kraft. Diese soll Unternehmen, die mit KI-Anwendungen arbeiten oder diese anbieten, in Zukunft dazu verpflichten, durch geeignete Maßnahmen wie eine „Strategie zur Einhaltung des Urheberrechts“, einer sogenannten Copyright Policy, sicherzustellen, dass bei der Nutzung von KI keine Rechtsgüter verletzt werden. In Deutschland ist die KI-VO zwar bislang nicht auf deutsches Recht angepasst worden, jedoch bietet sie bereits einen Ausblick darauf, was noch kommen wird.

Unternehmen, die KI nutzen, sollten deshalb frühzeitig planen, wie sie ihre Sorgfaltspflichten in Bezug auf KI bestmöglich erfüllen können. Dazu gehört neben einer KI-VO-konformen Copyright Policy auch, die Urheberrechtskonformität der Trainingsdaten zu prüfen und mittels automatischer Filter sicherzustellen, dass KI-generierte Inhalte nicht gegen Urheberrechte verstoßen.

Ferner gilt es, geeignete Risikomanagement-Prozesse zu etablieren und Mitarbeiter durch umfassende Schulungsmaßnahmen für das Risiko unbeabsichtigter Urheberrechtsverstöße zu sensibilisieren. Um möglichen Konflikten vorbeugend entgegenzuwirken, empfiehlt es sich zudem, eng mit Kreativen und Verwertungsgesellschaften zusammenzuarbeiten. Dies stellt sicher, dass potenzielle Urheberrechtsverstöße schnell erkannt und damit verbundene Schäden minimiert werden.

*Dr. Michael Metzner ist Rechtsanwalt für Urheber- und Medienrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz. Er ist mit der komplexen Thematik für Unternehmen im E-Commerce-Bereich langjährig vertraut. Zu seinen Spezialgebieten gehören E-Commerce, Onlineshops, Marken und Designs, Urheberrecht sowie Medien- und Fotorecht. Seine Kanzlei berät Onlinehändler, Onlineshopbetreiber und alle Unternehmen im E-Commerce. Weitere Informationen dazu unter: https://www.kanzlei-metzner.de/ 

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