Ich habe gestern die Jagdprüfung Salzburg abgelegt, mit leider nur mäßigem Erfolg (Theorie bestanden, im Schießen muss ich noch mal nachsitzen), aber immerhin. Ich habe dazu auf Facebook kurz gepostet und daraufhin eine Mail von einem Freund erhalten, der sehr nachdenkliche Fragen gestellt hat. Ich habe sie nach besten Wissen und Gewissen zu beantworten versucht, und das Ergebnis ist hier nachzulesen:
Hi Tim!
Wir hatten uns seinerzeit bei der WELT Kompakt Aktion kennen gelernt.
Ossi Urchs (hoffentlich geht es ihm bald wieder besser) frug Dich eben in seinen Kommentaren nach der Jagd-Prüfung.
Machst Du grad den Jagdschein?
Und dürfte ich Dir ein paar Fragen dazu stellen? Ich überlege mich auch im Herbst zum nächsten Kurs anzumelden.
Grüße,
Alex
>Mich würde vor allem interessieren, wie Du auf die Idee gekommen bist, den Schein zu machen.
Meine Frau und ich sind in den schönen Lungau gezogen, wo wir auf 1100 Meter mitten in der Natur wohnen. Wir sind in einem intensiven Rot- und Rehwildgebiet, und die Viecher kommen abends bis ans Haus. Ich dachte mir, es wäre gut, wenn ich wusste, wer meine Nachbarn sind.
Was ich auf jeden Fall NICHT sein will ist ein Trophäenjäger. Wenn überhaupt werde ich ab und zu ein weibliches Wild oder ein Stück Jungwild erlegen, weil das erstens wichtig ist (wir haben ein extremes Problem mit Wildschäden durch Überpopulation), was zu einem ziemlich strengen Mindestabschuss führt, die kaum je wirklich erfüllt wird. Ich habe nicht vor, Geld auszugeben für das zweifelhafte Vergnügen, einen Kapitalbock zu schießen, wenn andererseits die Jäger zu faul sind, ihren Job zu machen und die Zahl der weiblichen Stücke in Grenzen zu halten. Das bringt nur Ärger mit den Bauern und ist nicht gut für das Wild.
>Was hat Dich getrieben?
Wie gesagt: Der Ortswechsel.
>Bist Du an der Jagd eher als Hobby interessiert oder zum Nahrungserwerb?
Wenn überhaupt, dann möchte ich in den Genuß von schmackhaftem Wildbret kommen. Vor allem aber will ich besser verstehen, in welcher Umgebung ich leben.
>Bei mir entstand die Neugierde daraus, dass ich gerne näheren Bezug dazu aufbauen möchte woher mein Essen kommt und ein Verständnis für den natürlichen Kreislauf.
Stimmt!
>Was kostet der Spaß denn in Österreich? Hier in Bielefeld liegt der 7 monatige Kurs bei 850 EUR zzgl. Schießkurs, Munition und Ausrüstung.
Die Piefkes sind da anders. Wir haben uns ein halbes Jahr zweimal die Woche im Kurs von leidenschaftlichen Jägern auf die Grundsätze der Weidgerechtigkeit einnorden lassen, und das für lächerliche 150 Euro. Unser Ausbilder hat uns im „Schlussspurt“ zu sich nach Hause eingeladen, um mögliche Schwachpunkte auszubügeln. Das war Idealismus pur!
>Was war (auch wenn es in .at legerer gehandhabt wird) für Dich das schwierigste?
Auswendig lernen ist mit 62 nicht mehr so leicht wie mit 20. Ansonsten habe ich mich am schwersten getan mit Wildschadensvermeidung und Wildökologie. Dass man uns dazu kaum befragt hat nach ein paar abtastenden Erstfragen („du kannst das offensichtlich“) habe ich ja erst später erfahren. Da es bei uns in letzter Zeit ziemlich viele und sehr peinliche Waffenunfälle gegeben hat (ein Jäger hat vor 3 Monaten bei der Treibjagd einen Treiber erschossen!) bedeutete, dass man es mit dem Waffenumgang ganz genau genommen hat. Als Amerikaner habe ich allerdings ein etwas unverkrampftes Verhältnis zu Schusswaffen, was man aber von anderen Kursteilnehmern nicht behaupten kann – die sind angesichts eines Gewehrs regelrecht eingefroren. Dass ich am Ende wegen des Schießens nachsitzen muss, hat mich am allermeisten gewundert. Hubris wird eben bestraft…
>Was das überraschendste?
Wie einfach es am Ende doch war.
>Womit und worauf sollte ich mich vorbereiten?
Du musst wissen, was du tust und warum. Auswendig lernen ist schön und gut, aber du brauchst einen Sinn für die Zusammenhänge (z.B. Abschusszeiten: warum gehen die Spießer und Schmaltiere zuerst auf und die Böcke erst zuletzt?)
>Und wann und wie hat es Dich eigentlich nach .at verschlagen? 🙂
Vor 15 Jahren, eigentlich wegen des Golfens. Wir sind Mitglieder geworden im GC Lungau, weil es billig war. Wir haben dann jedes Jahr im Sommer ein Haus gemietet und hier gewohnt, und dabei Land und Leute lieben gelernt. Wir haben uns immer spaßeshalber gesagt: „Wenn wir alt sind, ziehen wir nach St. Michael.“ Und eines Tages schaute ich den Spiegel und stellte fest: Ich bin jetzt alt. Also entweder jetzt oder nie!
Ich hoffe, das hilft dir irgendwie weiter. Ich denke, Jäger werden musst du entweder aus Leidenschaft oder aus dem Wunsch heraus, deinen eigenen Horizont zu erweitern. Wenn du nur ballern und die die Wände mit Geweihen vollhängen willst, tätest du mir leid.
In diesem Sinne: Weidmannsheil!
TC