Es schien alles zu schön um wahr zu sein: Noch im Frühjahr stieg die Nachfrage nach allen Arten von chipgestützter Technologie, und das ist heutzutage das meiste, weiter an. Das CHIPS-Gesetz bahnte sich seinen Weg durch den US-Kongress und versprach, Subventionen in Höhe von 52 Milliarden Dollar in die heimische Industrie zu stecken, um Amerikas Abhängigkeit von ausländischen Produktionsstätten, insbesondere in China, zu verringern. Chiphersteller sollen in den westlichen Industrienationen ihre Kapazitäten hochfahren.
Ein halbes Jahr später hat sich der schöne Traum in ein Albtraum verwandelt. Die Nachfrage nach Silizium scheint so schnell zu sinken, wie sie während der Pandemie angestiegen war. Seit Juli haben die rund 30 größten amerikanischen Chiphersteller ihre Umsatzprognosen für das dritte Quartal von 99 Mrd. auf 88 Mrd. Dollar gesenkt. In diesem Jahr haben sich bisher mehr als 1,5 Billionen Dollar aus dem Marktwert der an der amerikanischen Börse notierten Halbleiterunternehmen in Luft aufgelöst. Samsung – der weltgrößte Hersteller von Speicherchips – meldete einen Einbruch des Betriebsergebnisses um 32 %, während der PC-Prozessorhersteller AMD sagte, dass er seine frühere Prognose um etwa 1 Milliarde Dollar verfehlen wird.
Was war passiert?
Zum einen ist die Nachfrage nach Chips beinahe über Nacht eingebrochen. Fast die Hälfte der jährlich verkauften Chips im Wert von 600 Mrd. USD entfällt auf PCs und Smartphones. Das Marktforschungsunternehmen Gartner geht davon aus, dass der Absatz von Smartphones in diesem Jahr um 6 % und der von PCs um 10 % zurückgehen wird. Firmen wie Intel, die noch im Februar für die nächsten fünf Jahre mit einem stetigen Wachstum der PC-Nachfrage rechneten, haben ihre Prognosen zusammengestrichen, da sich herausgestellt hat, dass viele Käufe aus der Vorgängerzeit einfach vorgezogen wurden.
Gleichzeitig verstärkt die Regierung Biden ihre Bemühungen, die Lieferung von in den USA hergestellten Chips und Chipherstellungsanlagen nach China zu verhindern, was die Nachfrage nach amerikanischen Produkten auf dem größten Halbleitermarkt der Welt dämpft.
Wenn die amerikanische Politik Chinas Bemühungen beschleunigt, „den Kampf in den wichtigsten Kerntechnologien entschlossen zu gewinnen“, wie Präsident Xi Jinping in einer Rede vor dem Parteitag der Kommunistischen Partei vor drei Tagen bekräftigte, könnten sie zu mächtigen chinesischen Konkurrenten führen.
Ob es für Amerika strategisch sinnvoll ist, mehr Chips im eigenen Land zu produzieren und seinen geopolitischen Rivalen mit Exportverboten zu lähmen, bleibt dahingestellt. Tatsache ist die Kombination aus mehr Angebot und weniger Nachfrage ein Rezept für Probleme, schreibt der Economist in einem gerade veröffentlichten Leitartikel.
Panikkäufe inmitten der weltweiten Chip-Knappheit des letzten Jahres haben dazu geführt, dass viele Automobilhersteller und Hersteller von Business-Hardware ihre Lager mit Halbleitern überfüllt haben. Die Chipkäufer werden ihre Bestände irgendwann abarbeiten. Danach werden sie aber möglicherweise weniger kaufen als in der Vergangenheit.
Wie schnell das gehen kann, sieht man ja…