Ein Beamter fühlt sich immer montags total überlastet, weil er zwei Kalenderblätter abreißen muss. So will es der Volksmund. Aber die Wahrheit ist im digitalen Deutschland davon gar nicht so weit entfernt.
Am vergangenen Freitag scheiterte die Fortschreibung des Onlinezugangsgesetzes – das so genannte OZG 2.0 – vor allem an den Stimmen der von CDU/CSU-geführten Länder. Das Prestigeprojekt der Ampel-Koalition kann damit zunächst nicht in Kraft treten. Damit erhalten Bürger vorerst auch keinen Rechtsanspruch auf digitale Leistungen des Bundes, der von 2029 an mit der Ausnahme von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen greifen sollte. Genauso wenig kommt ein einheitliches digitales Bürgerkonto, mit dem sich Nutzer – voraussichtlich auf Basis der Bund-ID – identifizieren und Anträge stellen können sollten.
Der Innenausschuss der Länderkammer kritisierte, dass sich der Bund zu Lasten der Länder und Kommunen nahezu vollständig aus der Finanzierung der Verwaltungsdigitalisierung zurückgezogen habe. Der Bund mache gesetzliche Vorgaben, ohne die daraus entstehenden Folgekosten hinreichend genau zu beziffern.
Das OZG-Änderungsgesetz eine verpflichtende Durchsetzung von Standards und offenen Schnittstellen sowie einen Rechtsanspruch auf digitale Bundesleistungen vor. Künftig hätte der Bund dafür sorgen können, dass das digitale Rad auf kommunaler Ebene nicht immer wieder neu erfunden wird.
Dazu wird es nun nicht so bald kommen. Der Bund muss jetzt den langen Weg durch den Vermittlungsausschuss gehen, und wann dieses – natürlich nichtdigitale – Verfahren abgeschlossen sein wird, steht in den Sternen.
Damit bleibt Deutschland im Mittelalter stecken. Das sei „eine schlechte Nachricht für alle, die sich eine digitalere Verwaltung in Deutschland wünschen“, ließ Susanne Dehmel von der Bitkom verbreiten. „Für die Digitalisierung in Deutschland ist die Ablehnung des Gesetzes ein ganz verheerendes Signal“, sagte Alexander Handschuh von der Online-Plattform *stadtvonmorgen*. Das Gesetz „hätte der Wirtschaft viel Bürokratie erspart“.
Dabei ist die Digitalisierungsbilanz Deutschlands ohnehin mehr als dürftig. Das Original-OZG sollte ursprünglich ein 575 Bündel an Verwaltungsleistungen bis 2023 digitalisieren sollen. Das ist nicht gelungen. Das neue OZG 2.0 hätte diese Lücken schließen sollen.
Es bleibt also bei der typisch deutschen Zettelwirtschaft in den Amtsstuben zwischen Flensburg und Konstanz. Dass dies gerade in den Zeiten nachlassender Wirtschaftsleistung – gestern gaben die Wirtschaftsweisen bekannt, dass sie Ihre Jahresprognose für 2024 auf ein Minimalplus von 0,1 % gesenkt haben, woran vor allem die überschäumende Bürokratie schuld sei – eine Katastrophe ist, wissen alle Beteiligten ganz genau. Damitz fällt das Land noch weiter hinter solchen digitalen Spitzenreitern in Europa wie Finnland, Dänemark oder die Niederlande zurück. International lag Deutschland bislang auf Platz 23 – doch das dürfte seit letzten Freitag Vergangenheit sein. Nach wie vorf führen die USA die Weltrangliste an, gefolgt von den Niederlanden und Singapur.
Von wegen Exportweltmeister – das war einmal!