Es ist schon wahr: In Österreich gehen die Uhren anders. Nehmen wir zum Beispiel nur Marijuana: Laut dem Österreichischem Drogenbericht 2015 hat sich die Zahl der Anzeigen wegen Cannabiskonsum seit 2012 von 17.000 auf 25.309 erhöht, also um fast 50 Prozent. 30 bis 40 Prozent der Österreicher hätten mindestens einmal im Leben Hanfdrogen konsumiert.
Mein erster Gedanke war: Hätte ich denen gar nicht zugetraut. Österreicher sind nicht gerade für ihren, sagen wir mal, enthemmten Lebensstil berühmt. Aber 40 Prozent sollen sich schon mal ´nen Joint reingezogen haben? Alle Achtung!
Und dann habe ich mir überlegt, wie viele Polizisten wie lange arbeiten mussten, um 25.000 Hanfraucher zu finden, zu verhaften und anzuzeigen? Wie viele Kubikmater Akten mussten erstellt, kopiert, hin und her gesandt und schließlich zur Ablage in den Keller getragen werden? Wie viele Stunden sind Beamte im Warteraum des Gerichts gesessen, um als Zeugen gegen Leute auszusagen, deren Verbrechen darin bestand, eine Droge konsumiert zu haben, von denen Mediziner und Drogenexperten sagen, es sei weniger gefährlich als Alkohol. Notabene: Es gibt 8.000 Alkohol-Todesopfer pro Jahr in Österreich. Cannabistote? Null!
Welche Verschwendung von Steuerzahlergeld. Welche menschliche Katastrophe, wenn ein junger Mann oder eine junge Frau mit einem Joint in der Hand erwischt werden und deshalb für den Rest ihres Lebens als kriminell Vorbestrafte gelten müssen. Was für Betonköpfe sitzen in Regierung und Parlament, dass sich zu ihnen noch nicht herumgesprochen hat, dass immer mehr Länder den sinnlosen (und aussichtslosen) Kampf gegen die Hanfdroge aufgegeben haben. In Holland und Belgien, Portugal und Brasilien, Peru und Ecuador ist Marijuana entweder frei verkäuflich oder der Besitz von Kleinmengen wenigstens ohne strafrechtliche Folgen. Sogar der große Bruder Deutschland hat angefangen, bei Cannabis ein Auge zuzudrücken.
Aber Hanf sei doch eine Einstiegsdroge, heißt es immer aus der stockkonservativen Ecke. Das ist erwiesenermaßen blanker Unsinn, was sich sogar an der österreichischen Statistik ablesen lässt. Zwischen 2005 und 2014 ist die Zahl der Anzeigen wegen Heroin und anderen Opiaten von 5.000 auf gerade noch 1.500 gefallen – bei steigendem Cannabiskonsum, wohlgemerkt! Und laut einer Studie des US-Instituts gegen Drogenmissbrauch ist die Anzahl jugendlicher Cannabisnutzer in Amerika über Jahre gleich geblieben, obwohl inzwischen Verkauf und Gebrauch in den meisten US-Bundesstaaten entweder in medizinisch indizierten Fällen erlaubt oder sogar vollständig freigegeben ist.
Nur Österreich tut noch so, als seien Leute, die ab und zu einen Joint drehen, Schwerverbrecher. Und unsere Polizisten werden gezwungen, ihre Zeit mit der Jagd auf harmlose Kiffer zu vertändeln. Als ob sie nichts Besseres zu tun hätten. Terroristen jagen, zum Beispiel.
Oder Temposünder wie mich.
Vielleicht doch lieber Kiffer jagen…