Technik verkaufen, Teil 25: Zum (Ab-)Schluss kommen

Sie haben nun, je nach Größe des potenziellen Auftrags, ein paar Minuten oder sogar ein paar Stunden ins Verkaufsgespräch investiert. Nun schlägt die Stunde der Wahrheit: Kauft der Kunde oder nicht?

Im Idealfall wird er jetzt seinen Füller zücken und unterschreiben. Doch meistens kommt es anders, denn die meisten Menschen scheuen sich nun mal vor einer eindeutigen Entscheidung. Sie müssen jetzt mit sehr viel Geschick und Fingerspitzengefühl nachhelfen. In der Fachsprache nennt man das „Closing“ – den Verkauf abschließen, zu Ende bringen.

Im Einzelhandel werden solche Abschlusstechniken bis zum Erbrechen eingepaukt. Und sicher werden Sie einige davon aus eigener Erfahrung als Kunde im Laden kennen und durchschauen:

  • Recht geben: „Sie haben recht, es ist nicht exakt die Farbe, die Ihnen vorschwebte, aber wir hatten schon viele Kunden, denen es genauso ging und die am Ende doch sehr zufrieden mit der Farbe waren.“
  • Herdentrieb: „Die Farbe ist sehr beliebt. Ihr Nachbar, Herr Maier, hat gerade gestern das Produkt in genau der gleichen Farbe gekauft.“
  • Einkreisen: „Also was darf es sein, rot oder blau?“
  • Festnageln: „Also angenommen, ich bekomme das Produkt in blau, nehmen Sie es dann?“
  • Unter Zeitdruck setzen: „Ich kann es Ihnen noch zum alten Preis geben, aber nur noch bis nächste Woche.“
  • Torschlusspanik erzeugen: „Ichw ill Sie ja nicht drängen, aber wir haben nur noch zwei Stück davon in blau auf Lager.“
  • Logisch argumentieren: „Wenn ich Ihnen beweisen kann, dass blau funktioniert, nehmen Sie es dann?“
  • Mehrwert schaffen: „Wir haben ein bequemes Ratenzahlungs-Angebot, das macht es erschwinglicher.“
  • Ausprobieren: „Wenn Sie sich nicht ganz sicher sind, nehmen Sie es doch einfach mit. Sie können es ja schlimmstenfalls in ein paar Tagen wieder zurückbringen.“
  • An die Eitelkeit appellieren: „Jemand in Ihrer Position sollte sich auch ab und zu mal etwas gönnen!“
  • Vorverkaufen: „Angenommen, Sie nehmen es, welches Zubehör benötigen Sie dazu?“
  • Überrumpeln: „Wohin sollen wir es liefern lassen?“

Ein guter Verkäufer wird seine Abschlusstechnik je nach Situation und Kunde variieren. Dabei beobachtet er den Kunden ganz genau um zu spüren, ob er mit dieser Technik richtig liegt; wenn nicht wechselt er sofort zu einer anderen. Ein erfahrener Autoverkäufer oder Versicherungsvertreter kennt Dutzende von Abschlusstechniken, und er wird in ein und demselben Verkaufsgespräch unter Umständen ein halbes Dutzend davon verwenden. Der erfolgreiche Einzelhändler geht ebenso feinfühlig mit Abschlusstechniken um wie ein Chirurg mit seinem Skalpell. Absicht ist es dabei, beim Kunden ein Gefühl  leichten Unbehagens auszulösen, die dieser nur dann loswird, wenn er nachgibt und kauft.

Der Techniker, der dieses Buch liest, ist aber in aller Regel in einer ganz anderen Situation: Er muss nicht irgendeinem Laufkunden im Vorbeigehen zu einem Spontankauf überreden. Bei technischen Investitionen  gelten wie bei allen Industrieeinkäufen andere Gesetze, und es sind andere Abschlusstechniken erforderlich.

Wie schaffen Sie jetzt den letzten, entscheidenden Schritt zum Abschluss? Indem Sie ganz ruhig bleiben und ganz auf den Kunden fokussieren. Statt Unwohlsein zu erzeugen müssen Sie ihm ein Gefühl von Sicherheit geben.

Es gibt typische Reaktionen von Kunden in der Abschluss-Situation. Sie müssen lernen, damit richtig umzugehen. Ein paar Beispiele:

Der Kunde will mehr Informationen. Kann ja sein, dass es wirklich triftige Gründe dafür gibt, die Sie nicht kennen. Vielleicht hat der Kunde gar nicht die Befugnis, alleine zu entscheiden und hat Ihnen diese Tatsache bislang vorenthalten, um sich wichtiger zu machen als er ist. Oder es gibt tatsächlich einen Grund, Kollegen zu Rate zu ziehen. In diesem Fall hilft es nichts zu insistieren – im Gegenteil: Sie erzeugen damit unangenehmen Druck, und darauf reagieren viele Menschen allergisch. Auch wenn Sie enttäuscht sind: Lassen Sie sich nichts anmerken, machen Sie einen neuen Termin aus und fragen Sie den Kunden, ob Sie ihm irgendwie behilflich sein können. Damit machen Sie sich den Kunden zum Komplizen, denn der muss ja vielleicht seinerseits den Kollegen oder dem Vorgesetzten die Idee „verkaufen“. Geben Sie ihm dafür so viel Munition wie möglich an die Hand.

Der Kunde will noch das Angebot der Konkurrenz prüfen. Ein schlechter Verkäufer kontert gleich („…können Sie sich sparen, ich habe doch gesagt, dass unser Produkt 20 Prozent mehr leistet.“). Erstens klingt das anmaßend und zweitens schränken Sie den Kunden in seiner Entscheidungsfreiheit ein. Das mag niemand. Auch wenn Sie eigentlich dachten, das Verkaufsgespräch sei zu Ende, werden Sie jetzt wohl oder übel noch eine kleine Runde mit ihm drehen müssen. Äußern Sie Verständnis und bieten Sie an, ihm beim Vergleich zu helfen („Nach welchen Kriterien vergleichen Sie die Angebote? Kann ich Ihnen noch Details nachliefern?“). Je nachdem, wie der Kunde antwortet, eröffnen sich Möglichkeiten, das Gespräch weiter zu führen („Darf ich Sie Ende der Woche noch einmal anrufen?“) Selbst wenn bis dahin noch kein Vergleich stattgefunden hat, verhindern Sie damit wenigstens, dass eine Entscheidung fällt, ohne dass Sie noch einmal gehört werden.

Der Kunde will Rücksprache halten. Sätze wie „Ich muss noch den Chef fragen“ oder „Ich möchte noch ein paar Punkte mit den Fachleuten im Haus klären“ sind oft nichts weiter als eine Ausrede für einen Kunden, der einer unbequemen Entscheidung aus dem Weg gehen will. Versuchen Sie herauszufinden, ob es stimmt. Wenn ja, bieten Sie an, selbst mit den zuständigen Leuten zu reden oder übergeben Sie zusätzliches Infomaterial, das ihnen die Entscheidung erleichtern soll. Vereinbaren Sie einen festen Termin für ein nächstes Gespräch, entweder am Telefon oder persönlich. Üben Sie keinen zu starken Druck aus, aber machen Sie Ihrem gegenüber klar, dass er mit Ihnen eine verbindliche Abmachung trifft.

Der Kunde bittet um Bedenkzeit. Wenn die Entscheidung ohne konkrete Begründung vertagt werden soll, ist das immer ein schlechtes Zeichen.  Ein Satz wie „Wir müssen noch mal darüber nachdenken“ bietet Ihnen auch kaum einen Ansatz zum Nachhaken. Hier führt oft nur der direkte Weg ins Ziel, etwa die Frage: „Darf ich wissen, welche Gründe es für Ihr Zögern gibt?“ Es besteht dabei natürlich die Gefahr, dass der Kunde sich bedrängt fühlt und zu macht, also sollten Sie mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Wenn Ihnen der Kunde beispielsweise deutlich zu verstehen gibt, dass er nicht über seine Gründe reden will, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als das zu respektieren. Aber versuchen Sie auch hier, durch das Vereinbaren eines neuen Gesprächstermins wenigstens den Fuß in der Tür zu behalten.

Der Kunde klagt über schlechte Zeiten. Die Zeiten sind immer schlecht, besonders heute. Wenn ein Kunde seine schwierige wirtschaftliche Lage in den Vordergrund kehrt, dann ist er offenbar unsicher, ob er mit seiner Investitionsentscheidung richtig liegt. Sie haben jetzt die Chance, noch an den Details zu drehen, zum Beispiel auf ein Rückgaberecht zu verweisen oder auf die Rabattkonditionen. Der Kunde will offensichtlich Geld sparen, also geben Sie ihm das Gefühl, dass ihm er ein Schnäppchen gemacht hat!

Der Preis ist zu hoch. Der klassische Abschluss-Killer: Der Kunde will noch einen letzten Versuch unternehmen, Sie im Preis zu drücken. Deshalb wartet er damit auch bis ganz zum Schluss. Auf diesen Einwand gibt es zum Glück eine Reihe von passenden Erwiderungen, zum Beispiel:

  • „Wie meinen Sie das?“ Dies, zusammen mit einem Ausdruck leichter Verwunderung, zwingt Ihren Gegenüber zu einer präzisen Aussage, über die Sie dann in aller Ruhe verhandeln können.
  • „Also ich finde den Preis fair!“ Auf ein offenes, persönliches Bekenntnis kann ein höflicher Mensch eigentlich nur mit Zustimmung reagieren.
  • „An welchen Preis haben Sie denn gedacht?“ Damit ist die Tür zum schnellen Abschluss geöffnet, denn jetzt werden Zahlen auf den Tisch gelegt.

Gelegentlich wird der Kunde diesen Augenblick nutzen, um ein Gegenanbot des Wettbewerbs ins Gespräch zu bringen. In diesem Fall empfiehlt es sich, ihm zunächst zu gratulieren und dann darum zu bitten, das Angebot anschauen zu dürfen. Dabei können Sie auf etwaige Unterschiede hinwiesen und versuchen zu begründen, warum Ihr Preis höher sein muss. Und sollten alle Stricke reißen, dann denken Sie bitte an die oberste Regel bei allen Preisverhandlungen: Bevor Sie im Preis nachgeben, versuchen Sie lieber, die Leistung zu reduzieren, um auf die Summe zu kommen, die der Kunde zu zahlen bereit ist.

Ein gutes Verkaufsgespräch zu führen ist eine hohe Kunst, wie der geneigte Leser spätestens nach der Lektüre dieses Beitrags ja gemerkt hat. Die gute Nachricht lautet: Sie ist erlernbar. Wer sich richtig vorbereitet, wer auf den Kunden hört, wer sich in dessen Lage zu versetzen und wer seine Argumente überzeugend vorzubringen vermag, der ist für den erfolgreichen Dialog mit dem Kunden gerüstet. Wenn jetzt noch Produkt und Preis stimmen, dann dürfte dem Abschluss nichts mehr im Wege stehen.

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