Nicht nur Techniker haben so ihre Geheimsprache. Auch Profi-Verkäufer benützen Kürzel, um bestimmte Begriffe und Inhalte zu beschreiben, und zwar möglichst so, dass andere sie nicht verstehen können – zum Beispiel: „USP“.
USP ist eine international gebräuchliche Abkürzung für „Unique Sales Point“. „Unique“ heißt im Englischen „einzigartig“, ein Sales Point ist der Vorteil, mit dem der Verkäufer beim Kunden Punkte sammeln möchte. Der USP ist also das einzigartige Merkmal in den Produkten oder Dienstleistungen, mit dem sich der Anbieter von ähnlichen Produkten oder Dienstleistungen der Mitbewerber abheben möchte. Oder, um im Bild des Verkäufers zu bleiben: Der USP ist das Argument, mit dem der Verkäufer hofft, seinen Kunden zum Kauf gerade seines Produktes bewegen zu können (statt eines anderen).
In der Verkaufspraxis ist der USP häufig entscheidend. Die Fachliteratur ist deshalb voll von Methoden, die zur Erarbeitung eines USPs herangezogen werden können. Doch eigentlich ist es ganz einfach: Wer seinen Kunden und dessen Bedürfnisse kennt, weiß eigentlich schon, wie sein USP aussehen muss. Denn für den Kunden ist sein persönlicher Vorteil immer das wichtigste Argument überhaupt.
Im Grunde spielt der USP schon bei der Produktentwicklung eine Rolle. Hersteller versuchen sozusagen, ihn gleichsam in ein Gerät, eine Software oder ein Servicekonzept einzubauen. So entsteht eine Art zwangsläufiger Wettlauf um die USPs, und das kommt in erster Linie dem Kunden zugute, da die Produkte ständig um sinnvolle Features erweitert werden. Features, wohlgemerkt – nicht irgendein konkreter Nutzen. Böse Zungen könnten auch von „technischer Spielerei“ sprechen.
Diese „Featuritis“ ist weitverbreitet, und sie schlägt sich auch oft in den Produktbeschreibungen nieder. Da der Techniker, der auf Messen oder beim Kundenbesuch vor der für ihn ungewohnten Notwendigkeit steht, dem Kunden etwas schmackhaft zu machen, wird im Zweifel dort nachschlagen und dann im Verkaufsgespräch einfach die verschiedenen technischen Merkmale und Begriffe wie Perlen aneinander reihen – ohne Rücksicht darauf, ob der Kunde ihn versteht oder nicht.
Da sich dieser aber als Nichttechniker im Gegensatz zu jemandem, der in einem technischen Beruf ausgebildet ist, in aller Regel schwer tut, technische Begriffe zu verstehen und technische Merkmale richtig einzuordnen, ist er hoffnungslos überfordert. Das kennt er aber schon: Wenn er über ein Budget verfügt, ist er nämlich einer ständigen Dauerberieselung durch Verkäufer ausge-setzt, die alle nur sein Bestes wollen – und davon so viel wie möglich. Das weiß er, und er hat sich deshalb mit der Zeit eine gewisse reflexartige Abwehrhaltung antrainiert: Ohren auf Durchzug stellen, den Verkäufer erst mal ausreden und dann höflich abblitzen lassen.
Das Steak zählt – nicht die Größe des Steaks!
Damit Ihnen das nicht passiert, müssen Sie dafür sorgen, dass sich Ihre Verkaufsbotschaft vom allgemeinen Hintergrundrauschen des Marktes abhebt. Traditionelle Verkaufshandbücher legen Wert darauf, dass man nicht das Produkt selbst, sondern irgendeines seiner Merkmale in den Vordergrund stellt: Das Superlativ als USP: Jedes Produkt sollte das größte, schönste, leistungsfähigste oder das kostengünstigste seiner Art sein. Doch genau diese platte Form der Produkt-beschreibung prallt meist an dem übersättigten Einkäufer ab, genau wie die Schlagzeilen in der „BILD“-Zeitung von den meisten Lesern nicht mehr als Information aufgenommen, sondern als Unterhaltung empfunden werden.
Ein solcher Verkäufer macht einen kapitalen Fehler: Er versucht nicht, das Steak zu verkaufen, sondern die Größe des Steaks. Aber damit macht man niemandem richtig Appetit.
Sie müssen Ihrem Kunden also etwas Herzhaftes bieten, in das er sich hineinverbeißen kann. Sie müssen ihm klarmachen, dass der Kauf des betreffenden Produktes für ihn, beziehungsweise für seine Firma einen echten Mehrwert darstellt, sich also wirklich lohnt. Doch dazu muss man sich einmal in die Lage eines Einkäufers, Managers oder des Besitzers eines kleinen oder mittleren Unternehmens versetzen, der letztlich die Verantwortung für die Kaufentscheidung hat.
Features alleine verkaufen nicht
Da Techniker und Nichttechniker – siehe oben – eine sehr unterschiedliche Weltschau pflegen, haben sie unter Umständen auch eine sehr unterschiedliche Vorstellung davon, was einen Produktnutzen darstellt. „Features sind doch geil“, sagte mir mal ein Entwicklungsingenieur, der bei einem großen deutschen Elektronikkonzern mitverantwortlich war für die neue Generation von Mobiltelefonen. Und tatsächlich: Die Kommunikations-Winzlinge dieses Herstellers können fast alles – aber Un-tersuchungen zufolge nutzen die meisten Kunden allenfalls einen Bruchteil der eingebauten Funktionen. Die anderen sind ihnen viel zu kompliziert – sie wollen doch nur telefonieren! (Er solle sich doch ein Beispiel an den Amerikanern nehmen, riet ich ihm: Dort haben die meisten Mobiltelefone einen einzigen Knopf zum Ein- und Ausschalten und ansonsten nur das gute, alte Nummernfeld zum Wählen.)
Ein Einkäufer, Manager oder Produktionsleiter hat andere Prioritäten. Ihm sitzt der Chef im Nacken, der Controller – oder beide! Er muss auf die Kosten achten und seine Mitarbeiter bei Laune halten, sie gleichzeitig aber zu mehr Produktivität und Effizienz antreiben, denn die Zeiten sind schwer und die Konkurrenz groß. Er hat selbst Kunden, die ständig hinter ihm her sind, weil sie auf die nächste Lieferung warten oder mit Qualität, Preis oder Leistung unzufrieden sind.
Wenn Sie diesem Mann mit den tollen zusätzlichen Features Ihres neuesten Produkt-Updates kommen, könnte er schlimmstenfalls durchdrehen und Sie rausschmeißen – verstehen würde man ihn ja. Seine Nerven liegen nämlich blank. Hier führt der Kollaps der Kommunikation zwischen Technikern und Nichttechnikern zum Gegenteil dessen, was erreicht werden soll: Vertrauensbildung, Sympathie und schließlich die Unterschrift unterm Kaufvertrag. Der Schaden ist unter Umständen immens – für beide Seiten.