Wenn mein Freund Fritz besonders gut drauf ist (und das ist er oft), dann lehnt er sich gerne genüsslich in seinem Stuhl zurück und sagt mit einem breiten Grinsen in seinem ebenso breiten Schwäbisch: „Conners, sie werden noch Straßen und Plätze nach uns benennen.“
„Connors“ ist übrigens eine Abwandlung meines tatsächlichen ersten Vornamens, „Connor“, den mir meine Eltern verpasst haben, obwohl ihnen eigentlich hätte klar sein sollen, was sie da für eine Verwirrung stiften würden, denn mein Vater hieß mit vollem Namen „Connor Garton Cole“. Als „Connor Timothy“ hatte ich natürlich schlechte Karten. Hätte meine Mutter nach „Connor“ gerufen, wären gleich zwei Exemplare dieser Gattung auf der Matte erschienen, also bildete sich gleich die eigentlich ungewöhnliche Namenskonvention heraus, mich bei meinem zweiten Vornamen zu rufen, der sich im Laufe der Zeit auf „Tim“ verkürzte – was seitdem zu allerlei Verwicklungen und Irrungen im Umgang mit Behörden führt, denn einen „Tim Cole“ gibt es de jure gar nicht. Trotzdem steht dieser Name auf meinem Briefkopf, in Mietverträgen und sogar auf meiner Kreditkarte. Wenn ich meinen Pass vorzeige, steht da die Langfassung, und bei Transatlantikflügen darf ich bei der Buchung auf keinen Fall vergessen, den vollen Namen zu verwenden, sonst komme ich nicht an Bord der Maschine.
Nur Fritz hat mich je bei meinem richtigen Vornamen genannt, allerdings in einer leichten Abwandlung, weil er hartnäckig daran zu glauben scheint, dass meine Vorfahren Schotten oder Iren waren, obwohl ich ihm immer wieder gesagt habe, dass sie aus Cornwall oder Devon stammten. Jedenfalls ist „Connors“ über die vielen Jahre, die ich Fritz kenne, zu einer Art von Kosenamen geworden.
Kennengelernt haben wir uns Anfang der 80er Jahre, als Fritz zusammen mit seinem ehemaligen WiWo-Kollegen Manfred Hasenbeck zum Nachfolger von Günter Ogger in die Chefredaktion der Zeitschrift „High Tech“ berufen wurden, das damals im Holtzbrinck-Verlag erschien und für das ich jahrelang schrieb. Als High Tech später eingestellt wurde, machten sich Fritz und Manfred zusammen mit der Firma „Editor Network“ selbständig und bauten – nomen est omen – ein Netzwerk von freien Technikjournalisten auf der ganzen Welt auf, deren Artikel sie an führende deutsche Publikums- und Wirtschaftszeitschriften und an Tageszeitungen vermittelten. Später machte Fritz alleine weiter und verlegte sich mehr und mehr darauf, eigene Zeitschriften im Kundenauftrag zu bauen, also klassisches „Corporate Publishing“ zu machen. Und auch da war ich mit von der Partie, schrieb jahrelang für das Magazin „Geschäftswelt“ des Sparkassenverlags eine Kolumne, deren Beiträge zum Teil noch heute auf diesem Blog nachzulesen sind. Zweitverwertung nennt man sowas in der Fachsprache – ein ganz früher Fall von „Cross Media Publishing“.
Fritz war es auch, der mich zum Golfspielen verführte, und wir haben über die Jahre viele Stunden auf diversen Plätzen verbracht, wobei er mir immer beim Handicap ein paar Punkte voraus ist, aber nicht so viele, dass es keinen Spaß machen würde, sozusagen „mano a mano“, also ohne kompliziertes Rumrechnen eines Vorgabenvorteils, gegeneinander anzutreten. Wir pflegen das einfache Lochspiel: Wer die wenigsten Schläge gemacht hat, der hat das Loch gewonnen, und am Ende muss derjenige, der die meisten Löcher verloren hat, dem anderen ein Kaltgetränk nach Wahl bezahlen. Das ist meistens ein Weißbier, denn Fritz und ich sind keine Kostverächter. Wir führen beide im Gegenteil einen fast schon barocken Lebenswandel, der uns natürlich aus langfristiger medizinischer Sicht nicht gut tut, was uns aber beiden ziemlich egal ist. Wir halten es mit Frank Sinatra, der einst sang: „I’m gonna live until I die“. Leben, bis ich sterbe: Das ist ein gutes Motto. Wer will schon Schonkost essen und Kamillentee trinken, nur um ein paar Jährchen länger ein mieselsüchtiges Dasein führen zu dürfen.
Ganz gleich wie lange das noch gutgeht, ein Mensch wie Fritz verdient es jedenfalls, dass man Straßen und Plätze nach ihm benennt. Und so habe ich jetzt seinem Wunsch entsprochen und den Platz vor dem Alten Forsthaus in St. Michael im Lungau umbenannt. Es ist leider nur ein sehr kleiner Platz, lieber Fritz, eigentlich nur die Einfahrt zu unserem und dem Haus unserer Nachbarn. Aber dafür sehen wir dich jeden Morgen, wenn wir das Haus verlassen, und jeden Abend, wenn wir heim kommen. Und jedes Mal werden wir an dich denken.
In diesem Sinne alles Gute zum „60er“
2 Antworten auf Fritz Bräuninger zum 60er: Straßen und Plätze