„Menschen ziehen Roboter ihren eigenen Vorgesetzen vor.“ Diese provokante These des Magazins „Forbes“ hat einen Aufruhr nicht nur unter deutschen Personalern ausgelöst. Auch Firmenleiter machen sich um ihre Zukunft Sorgen: Werden KI-Systeme zunehmend Führungsaufgaben übernehmen und somit zu einer Konkurrenz für Manager werden?
Maschinen keine Emotionen besitzen und folglich unvoreingenommen entscheiden können. Tatsächlich geben laut einer globalen Studie von Oracle und dem Beratungsunternehmen Workplace Intelligence 78 Prozent der Befragten an, dass sie bei Stress oder Ängsten am Arbeitsplatz, wenn sie die Wahl hätten, lieber mit einem Roboter als mit ihrem eigenen Vorgesetzten sprechen würden.
Das bedeutet natürlich nicht, dass Manager in Zukunft alle von Robotern ersetzt werden. Sie zeigen aber wichtige Wege auf, wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter unterstützen können. Um nicht redundant zu werden, müssen Manager die Idee von Führung neu überdenken. Modelle wie „unbossed culture“ und Unternehmensnetzwerk werden die Kraft der menschlichen Intelligenz mit KI kombinieren, um Wachstum und Wohlstand zu erzeugen.
Und ja, es stimmt, dass Manager dank KI einen nie da gewesenen Überblick über ihre Mitarbeiter erreichen könnten.
Humanyze, ein Start-up aus Boston, verkauft intelligente Firmenausweise, mit deren Hilfe die Bewegungen jedes einzelnen Mitarbeiters im Laufe des Arbeitstages verfolgt und ausgewertet werden können, um festzustellen, wie sie mit anderen Mitarbeitern zusammenarbeiten und zurechtkommen und um Vorschläge zu machen, wie die Kommunikation zwischen Kollegen verbessert werden könnte.
Natürlich ist es von dort nur noch ein kurzer Schritt, bis Arbeitgeber auch Faulenzen oder Fehlverhalten ihrer Mitarbeiter dank KI überwachen und ahnden können. KI-getriebene Systeme können zum Beispiel verdächtige Muster in Spesenabrechnungen erkennen.
Mitarbeiterüberwachung ist aber gerade in Deutschland ein besonderes Reizthema. Anders in Amerika, wo niemand etwas dabei findet, wenn Humanyze die Daten, die durch ihre Firmenausweise gesammelt werden, automatisch mit den Kalendern oder E-Mails der Mitarbeiter abgleicht. Dies dient nach Angaben der Firma der Verbesserung von Büro-Layouts und der Steigerung der persönlichen Produktivität.
Andererseits wird der Arbeitsplatz durch KI sicherer. „Elektronische Schutzengel“ werden überwachen, ob Mitarbeiter tatsächlich ihre Sicherheitsausrüstung tragen, wenn sie in Gefahrenzonen gehen, und Unfallursachen erkennen, bevor jemand verletzt oder getötet wird.
Deutsche Datenschützer würden bei so was auf die Barrikaden gehen. In Japan hingegen fordern Betriebsräte die Einführung solcher Überwachungssysteme als Nachweis dafür, dass Mitarbeiter engagiert und loyal ihrem Arbeitgeber gegenüber sind.
Arbeitgeber und Regulatoren werden auf der Hut sein müssen, um zu verhindern, dass KI nicht zur totalen Überwachung führt – Big Brother am Arbeitsplatz. Microsoft hat ein Zeitmanagementsystem entwickelt, dass Informationen über Mitarbeiter nur in aggregierter Form an Vorgesetzte weiterleitet. Mitarbeiter müssen darüber informiert werden, welche KI-Systeme am Arbeitsplatz eingesetzt und welche Daten wofür gesammelt und ausgewertet werden.
Die Einführung von KI am Arbeitsplatz wird ein Balanceakt sein müssen zwischen dem Wunsch des Mitarbeiters nach Wahrung seiner Privatsphäre und dem des Arbeitgebers nach Produktivitätssteigerung. Aus Sicht des Mitarbeiters kann KI zu mehr Fairness führen. Beide Seiten werden Zugeständnisse machen müssen, aber den Preis ist es wert.