Wenn es so weitergeht, hat bis spätestens 2020 jeder Mensch auf der Erde – Mann, Frau, Kind und Greis – einen Facebook-Account. Gut, es wird nicht so weitergehen: Irgendwann schwächt sich auch die exponenziellste Wachstumskurve einmal ab. Aber mehr als eine 1,5 Milliarden sind es schon – ein Siebtel der Weltbevölkerung.
In Deutschland bietet sich an der Facebook-Front allerdings ein geteiltes Bild. Ja, es stimmt, dass Facebook inzwischen Google als des Deutschen liebste Anlaufstelle im Internet abgelöst hat. Das sagen jedenfalls Studienschreiber von PricewaterhouseCoopers (PwC): Zwei Drittel aller User starten angeblich mittlerweile bei Facebook zu der weiten Reise durch den Cyberraum. Und die Analysten von comscore behaupten, dass wir inzwischen fast 20 Prozent unseres Online-Zeitbudgets dort ausgeben.
Wenn das so ist, dann erstaunt es mich etwas, dass ich laufend über Mittelständler stolpere, die noch Facebook-Nieten sind. Und nicht nur Mittelständler: Neulich war ich bei einer der größten Bankhäuser Europas eingeladen, um einen Vortrag über Social Media zu halten. Beim Vorgespräch beeilte man sich aber, mir zu sagen, dass ihre Bank natürlich nicht dort vertreten wäre, und dass es ihren Mitarbeitern auch verboten sei, Facebook zu benützen, jedenfalls nicht während der Arbeitszeit.
Ich habe daraufhin spaßeshalber nachgeschaut, und siehe da: Es gab natürlich längst einen Facebook-Auftritt unter dem Namen der Bank, eine sehr aktive sogar. Mehr als 40.000 User hatten sich dort schon als Fans der Seite geoutet, indem sie auf den „Like“-Knopf geklickt haben.
Leider war die Seite aber voll von bitterbösen bis spöttischen Bemerkungen von Bankkunden, die sich über schlechten Service, miese Anlagetipps oder kaputte Bankomaten beschwerten. Ab und zu tauchte auch mal ein einsamer Mitarbeiter der Bank auf und versuchte, die Online-Wogen zu glätten, meistens allerdings ohne großen Erfolg und vor allem ohne Unterstützung, zum Beispiel von den Kollegen in der Unternehmenskommunikation der Bank.
Als ich diese Seite dem staunenden Vorstand präsentierte, fielen sie aus allen Wolken. „Kann nicht sein“, war ihre erste Reaktion. Die zweite: „Muss sofort abgestellt werden!“
Nun, viel Glück damit. Facebook lässt sich nun mal nicht auf Kommando des Chefs abstellen. Ignorieren auch nicht, denn es sind ja die Kunden, die hier die Initiative ergreifen. Wie sagte mein viel zu früh verstorbene Freund, der Internet-Guru Ossi Urchs: „Social Media ist nicht wie Schnupfen – es geht nicht wieder weg.“
Übrigens: Laut PwC-Studie geben ein Viertel der Onliner an, sich auf Facebook für ein Unternehmen zu entscheiden, weil sie die Marke sympathisch finden, 20 Prozent wollen über Neuigkeiten informiert werden. Eigentlich ein starker Anlass, dort präsent zu sein. Zumal es vorwiegend ja junge Menschen sind, die sich im Internet am häufigsten herumtreiben. Das sind unsere Kunden von Morgen – und unsere Mitarbeiter von Morgen. Was werden die von uns denken, wenn wir so ziemlich die allerletzten sind, die nicht auf Facebook sind?
Ich weiß, was meine Tochter sagen würde: „Was iss denn das für ein Opa-Laden?“