Witzig, was sich Leute alles einfallen lassen, um eine schlechte eBay-Note abzuwehren.
Shakespeare wusste schon Bescheid: Im dritten Akt von „Othello“ lässt er Iago einen denkwürdigen (und deshalb auch vielzitierten) Satz sagen: „Wer mir meinen guten Namen nimmt, beraubt mich eines Schatzes, der ihn nicht reicher und mich in der Tat arm macht.“
Das ist auch der Grund, weshalb die meisten eBay-Händler geradezu panische Angst haben vor einer schlechten Bewertung – er hängt ihnen nämlich lange nach und mindert seine Chancen auf geschäftlichen Erfolg. Und auch als Kunde lässt man sich ungern eine schlechte Note reinwürgen, denn wer weiß, wo das eines Tages wieder auftaucht? Von einigen Online-Kreditbörsen ist bekannt, dass sie das eBay-Profil potenzieller Gläubiger in ihre Bonitätsprüfung einfließen lassen. Guter Ruf ist also bares Geld wert – nicht nur, aber ganz besonders im Internet.
Es ist im übrigen sehr schwer, eine als ungerecht empfundene schlechte Bewertung wieder löschen zu lassen. Eigentlich geht das nur im gegenseitigen Einvernehmen. Und das könnte ein neuer Trick zu sein von Händlern, die ihre Weste wieder weiß waschen wollen.
Dass Händler gerne Kunden, die sie schlecht benoten, sozusagen als „Retourkutsche“ durch Abwertung abstrafen, ist bekannt. eBay hat deshalb seine Spielregeln geändert und wird Händlern in Zukunft nur noch erlauben, positive Bewertungen ihrer Kunden abzugeben – oder eben auch gar keine. Schweigen ist in diesem Fall zwar nicht Gold, spricht aber Bände.
Bevor es allerdings so weit ist, habe ich am eigenen Leib erleben müssen, wie hilflos man gegen Rufschädigung im größten Online-Auktionsportal ist. Folgender Fall: Ein Händler aus Egelsbach schickte mir zwei falsche Tonerkartuschen. Kann passieren, aber was die Sache besonders ärgerlich machte war, dass er sich vorher sogar noch per E-Mail bei mir erkundigte, für welchen Drucker der Toner sei. Besonders dämlich, also, aber auch das kein wirklicher Grund zur Aufregung. Nur als er mich per eBay-Nachricht aufforderte, ihn zu bewerten, sah ich nicht ein, dass ich besondere Zufriedenheit vorheucheln sollte, also habe ich auf „neutral“ geklickt. Alles andere wäre ja gelogen gewesen, denn der Service war ja wirklich mies, nur nicht so mies, dass ich ihm eine volle Breitseite, sprich ein „negativ“ hätte reindonnern müssen.
Aus allen Wolken fiel ich allerdings ein paar Tage später, als ich zufällig bei eBay reinschaute und bei meinen Bewertungen plötzlich ein dickes rotes Ei und folgenden Kommentar des besagten Händler vorfand: „VORSICHT !!! Verkauft leere Ware als NEU & VOLL ! Ebay informiert ! NOTE 6- !!!“
Da ja nicht ich, sondern er etwas verkauft hatte, war das natürlich bodenlos. Aber bevor ich mich so richtig aufregen konnte, kam eine Standard-Nachricht des Herren, der sich entschuldigte: Er habe die Bewertung „versehentlich“ abgegeben, und er bot mir eine einvernehmliche Rücknahme an, was ich natürlich sofort per Mausklick getan habe.
Nur: Dadurch wurde auch meine „neutrale“ Bewertung bei ihm gelöscht. Und nun frage ich mich, ob er das vielleicht genau so beabsichtigt hat. Denn damit ist auch sein Bewertungskonto wieder sauber.
Wenn ja, dann war es ein zwar billiger, aber ziemlich genialer Trick. Zum Glück funktioniert er nur noch kurze Zeit, denn dann tritt besagte Regeländerung bei eBay in Kraft, die das verhindert.
Allerdings: Gelöscht ist nicht gelöscht, eine Erfahrung, die schon so mancher Unbedarfte im Internet machen musste (siehe meinen Blog-Eintrag: „Die Online-Geister, die ich rief“. So auch hier: Das Negativurteil fließt zwar nicht mehr in meine Gesamtnote ein. Die liegt weiterhin bei 100 Prozent (89 positive, keine negative Bewertung). Aber wer sich die Mühe macht, durch mein Reputations-Konto zu scrollen, entdeckt den Eintrag immer noch, nur mit dem Vermerk: „Bewertung wurde zurückgenommen: Käufer und Verkäufer haben sich darauf geeinigt, die Bewertung für diesen Artikel zurückzunehmen.“
Darauf kann sich nun jeder seinen eigenen Reim machen. Besonders positiv klingt es jedenfalls nicht, schon eher danach, als hätten sich da zwei Krähen darauf verständigt, sich gegenseitig nicht das Auge auszuhacken. Aber auch da war Shakespeare schon vor mir da: In „King Lear“ lässt er Cordelia klagen: „Wer Fehler schminkt, wird einst mit Spott verlacht…“