Als Jungjäger muss man viel büffeln, und man lernt eine Menge über Brunftzeiten, Setzzeiten, Abschusszeiten und Schonzeiten.
Beim Rehbock schießt das Testosteron meistens Anfang Juli ein, es sei denn, der Winter war kurz und warm. Die letzten Wochen der Brunftzeit werden auch als Blattzeit bezeichnet, weil dann die meisten Ricken gedeckt sind und sich Böcke von Jägern durch „Blatten“, das Nachahmen des Fiepens brunftiger Ricken, anlocken lassen. Ende August ist es bei ihm mit dem Paarungstrieb schon wieder vorbei, was aber viel zu früh ist, da die Ricke erst im Mai ihr Junges bekommt, weil dort die Aufzuchtbedingungen besser sind. Sie überbrückt diese Zeit mit der so genannten Keimruhe, nimmt sich also sozusagen eine Auszeit von der Schwangerschaft, die erst im November wieder voll einsetzt, obwohl sie bereits trächtig ist. Deswegen sind die Rehdamen auch in der besten Jagdzeit, also von August bis Dezember, geschützt, aber nur so genannte führende Geißen; die anderen sind frei. Wenn man also keine Möglichkeit hat, bei einer Rehgeiß zuvor noch schnell einen Schwangerschafttest durchzuführen, lässt man sie besser im Herbst laufen.
Solche Dinge und sehr viel mehr muss man während der Jagdausbildung pauken, und man muss sie auf Anforderung rasch und fehlerfrei herunterbeten können. Für mich, der ich mich erst im hohen Alter von 60 Jahren nach dem Umzug in den Lungau ans Weidwerk gemacht habe, war es besonders schwierig mit dem Pauken. Ich hatte das seit dem Studium, also seit ungefähr 40 Jahren, nicht mehr gemacht, und ich habe mich sehr schwer getan, mir beispielsweise die Details zur wildoekologischen Raumplanung oder die Mindestabschussrichtlinien für Gamswild zu merken.
Ich habe Stunden mit dem schmalen Büchlein verbracht, in dem die zu erwartenden Prüfungsfragen alle aufgelistet sind, wie „was versteht man unter einer Wildfolgevereinbarung?“ oder „welche jagdbaren Tiere dürfen auch während der Schonzeit erlegt werden?“ In Deutschland und Österreich muss man, um an den begehrten Jagdschein zu kommen, auch eine Vollausbildung zum Jagdjuristen überstehen, um beispielsweise Fragen beantworten zu können wie „welche Aufgaben obliegen dem Bezirksjagdrat?“ oder „ist die rechtswidrige Aneignung von Waldprodukten geringen Wertes (z.B. Klaubholz, Pilze, Beeren, Laub) gerichtlich strafbar?“
Aber wozu habe ich mich in den letzten 40 Jahren so mit der Computerei herumgeplagt? Jedenfalls war es für mich ein Leichtes, mich vors Mikrofon zu setzen und einfach alle entsprechenden Fragen aus dem kleinen Buch „Prüfungsfragen aus dem Salzburger Jagdrecht“ aufzunehmen. Man sagt mir eine gute Sprecherstimme nach, und so sind nach und nach gut zwei Dutzend Audiodateien entstanden, die ich mir auf CD gebrannt habe, um sie wochenlang beim Autofahren immer und immer wieder anzuhören, bis ich am Ende die theoretische Jagdprüfung sogar mit Bravour bestanden habe. Mit der praktischen Prüfung war es etwas schwieriger, weil ich mir einen blöden Fehlschuss erlaubt habe und deshalb vier Wochen später zur Nachprüfung antreten musste, aber das ist eine andere Geschichte.
Die Jagdschüler aus meiner Gruppe bekamen das mit, und einige baten mich darum, ihnen Kopien meiner CDs zu brennen. Und weil mir das zu mühsam war, habe ich stattdessen die ganzen Dateien online gestellt, wo sie seit ungefähr vier Jahren abrufbar sind. Sie gehören mittlerweile sogar zu den beliebtesten Posts auf meinem Blog. Es vergeht kein Tag, an dem nicht ein paar dieser Podcasts abgerufen werden, aber so richtig los geht es im Dezember. Da setzt bei dem Salzburger Jagdschüler auch so eine Art Bruftzeit ein, weil er merkt, dass er sich sputen muss, wenn er bis zur Prüfung im Frühjahr alles im Kopf haben will. Jedenfalls schießt die Zahl der Abrufe schnellt hoch, in der Spitze auf bis zu 40 oder 50 am Tag! Und ihre Zahl wächst auch von Jahr zu Jahr, von 337 in meinem Prüfungsjahr 2013 auf genau 2.168 im Jahr 2016.
Mich freut das, auch wenn ich das meiste von dem, was ich da in stundenlanger Arbeit eingesprochen und auswendig gelernt habe, schon wieder vergessen habe. Euch Jungjägern wünsche ich jedenfalls viel Erfolg und ein kräftiges „Weidmann Heil!“