Die Wahl ist zwar heute erst ein Jahr her, aber Donald Trump hat die Politik in Amerika bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet. Wie Michelle Goldberg in einem Meinungsstück für die New York Times schreibt, ist es für viele Amerikaner der „Jahrestag der Apokalypse“: ein Ereignis, das so unerwartet wie welterschütternd war. „Was so desorientierend war, war die Tatsache, dass niemand, egal wie klug und gelehrt, eine Ahnung hatte, was gerade geschah.“ Ich schließe mich ausdrücklich ein, denn ich war auch bis kurz vor Mitternacht an diesem 8. November 2016 absolut sicher, dass Frau Clinton gesiegt habe und wir diesen widerlichen, selbstüberheblichen Grapscher ganz schnell wieder vergessen können würden. Es kam anders, wie wir alle wissen – aber was in den vergangenen 12 Monaten geschah, hat unsere schlimmsten Befürchtungen noch weit in den Schatten gestellt.
Amerika hat sich im vergangenen Jahr so sehr verändert, dass viele von uns abgestumpft sind; Was könnte uns jetzt noch schockieren?, fragt Frau Goldberg. Was heute alltäglich erscheint war vor einem Jahr unvorstellbar.
Wir haben heute einen rasenden Rassisten im Weißen Haus, ein Mann, der kurz davor scheint, per Twitter den Atomkrieg auszulösen und der offizielle Regierungserklärungen dazu benützt, um Werbung für seine Hotels zu mach en. Er hat gedroht, ihm unliebsame Journalisten ins Gefängnis zu stecken und forderte das Justizministerium mehrmals auf, Ermittlungsverfahren gegen seine politischen Gegner zu starten.
Seine engsten Berater stehen im Verdacht, im Interesse Russlands gehandelt zu haben oder Mitglieder von Neonazi-Vereinigungen zu sein (wie Sebastian Gorka, der der totalitären ungarischen Gruppierung Vitezi Ren nahesteht). Rockstar Ted Nugent, der mehrmals den Tod von Barak Obama gefordert hat, wird von Trump zum Abendessen eingeladen.
„The Donald“ hat mehrere Mitglieder seiner Golfclubs in seine Regierung gehievt und ist damit der erste Präsident in der Geschichte, der mit Staatsämtern Leute belohnt hat, die im Grunde seine Kunden sind. Die Liste geht endlos weiter, und man spürt die Hilflosigkeit der Schreiberin, die zugibt, „wie erschlagen zu sein vor Schmerz über die Zerstörung unseres zivilen Erbes.“
Aber sie hat, wie sie schreibt, auch Momente, wo sie optimistisch ist und sich eine Zukunft vorstellen kann, in der Mitglieder des Trump-Regimes im Gefängnis versauern und die Erinnerung an Trumps Interregnum langsam verblasst.
Es sind ja nur noch drei Jahre…