Die Deutschen haben ein Problem mit dem Computer. Nur 61 Prozent der Beschäftigten hierzulande arbeiten im Büro an einem PC – eine Zahl, die sich seit 2007 nicht mehr verändert hat! Außerdem ist das Mittelmaß: Selbst die Belgier und Holländer sind da weiter als wir, von den Nordländern ganz zu schweigen: In Finnland sitzen drei Viertel der arbeitenden Bevölkerung tagsüber vorm Bildschirm.
Hier drängt sich geradezu der direkte Zusammenhang zwischen volkswirtschaftlichen Erfolg und der Computernutzung im Betrieb auf. Denn in den Ländern, die uns angeblich durch ihre Faulheit und Verschwendungssucht den ganzen Euro-Schlammassel beschert haben, sind Computer am Arbeitsplatz Mangelware, nämlich in Italien (44 Prozent) und Griechenland (43 Prozent). Womit sich im Übrigen eine ebenso einfache wie charmante Lösung der Eurokrise abzeichnet: Schickt den Griechen kein Geld, sondern unsere ausrangierten PCs, dann wird die hellenische Wirtschaft von ganz alleine zum olympischen Höhenflug ansetzen.
Ja, wenn es nur so einfach wäre. Denn schaut man genauer hin, ist der Computer für viele Mittelständler nicht die Lösung, sondern das Problem. Viele Chefs glauben offensichtlich, dass ihre Leute sich hinter ihren Bildschirmen verstecken und die teure Arbeitszeit mit Solitärspielen verschwenden. Oder schlimmer noch: Sie pflegen per Facebook ihre virtuellen Freundesbeziehungen oder verraten Firmeninternas, die von fleißigen Industriespionen aus Fernost herausgepickt und zur Herstellung billiger Raubkopien verwendet werden. Ja, der Computer, den hat halt der Teufel gesehen…
Damit schaffen sich diese Unternehmer aber ein ziemlich großes Problem, denn so langsam drängt die Generation der so genannten „Digital Natives“ aus den Schulen und Unis ins Arbeitsleben, und die sind nun mal in einer Welt aufgewachsen, in der die Computernutzung näherungsweise bei 100 Prozent liegt!
Unsere Tochter, zum Beispiel, hat uns kürzlich erklärt, dass sie keine E-Mails mehr schreibt, weil das so „zwanzigstes Jahrhundert“ sei. Wenn wir künftig mit ihr kontakten wollten, dann bitteschön auf Facebook. Dort ist sie nämlich kommunikationsmäßig zu Hause. Wenn Sie also meine Tochter als Mitarbeiter gewinnen wollen, dann müssen sie ihr schon einen PC bieten, und zwar nicht den allerlangsamsten. Oder besser gleich einen Laptop oder ein iPad. Denn das sind Dinge, die sie schon zu Hause hat. Und bei der Arbeit will sie sich natürlich nicht schlechter stellen als daheim.
Viele Mitarbeiter haben die Lösung dieses Problems allerdings schon selbst in die Hand genommen. Wenn der sich Arbeitgeber schon, entweder aus falsch verstandener Sparsamkeit oder aus Furcht vor Zeitverschwendung, weigert, für eine ordentliche Computerausstattung zu sorgen, dann bringt man eben seine privaten Geräte mit ins Büro. In Amerika gibt es dafür sogar schon wie für alles in der Computerei ein eigenes Akronym: BYOD. Das steht für „Bring Your Own Device“ und heisst auf Deutsch: Bringe dein eigenes Gerät zur Arbeit. Für die IT-Abteilung ist das ein Albtraum, denn sie haben natürlich keinen Zugriff auf Privatgeräte, können also nicht dafür sorgen, dass immer die neuesten Sicherheits-Updates installiert und die nötigen Patches heruntergeladen worden sind. Einige probieren deshalb, dem ausufernden BYOD-Trend durch Verbote zu begegnen: Laut einer Statistik des IT-Branchenverbands BITKOM lehnen 53 Prozent der Unternehmen den Einsatz privater Endgeräte während der Arbeitszeit ab.
Ich denke, auch dieser Widerstand wird sich von ganz alleine legen, nämlich spätestens dann, wenn der Chef mit einem schicken neuen iPhone in die Firma kommt. Kein weiser IT-Leiter wird ernsthaft versuchen wollen, dem Boss sein Spielzeug aus der Hand zu nehmen. Aber vielleicht ist das auch eine günstige Gelegenheit, um mit ihm mal über die Anschaffung von neuen Computern zu reden…