Drücken Sie die Haustürklingel mit dem Zeigefinger? Dann sind Sie über 30. Junge Menschen verwenden dafür mehrheitlich den Daumen. Das behauptet jedenfalls die Designerin Alice Rawsthorn. Ihr zufolge wachsen junge Menschen mit Gameboys und Smartphones auf, die alle eine Art Mäuseklavier-Tastatur besitzen, die man am besten mit dem Daumen bedient. Und zeigt wiederum: Der Mensch passt sich immer mehr der Technik an, notgedrungen.
Wie es anders geht, zeigen die so genannten „Chatbots“ wie Apple’s Siri oder Amazo,Bill Gates,Traslaten’s Alexa or Google Now. Im Frühjahr stellten Microsoft-CEO Satya Nadella und Mark Zuckerberg von Facebook fast zeitgleich und nur rein paar Blocks voneinander entfernt in San Francisco jeweils ihre neusten intelligenten Assistenten der stauenden Weltöffentlichkeit vor. Chatbots verstehen angeblich, was wir sagen und sind in der Lage, auch komplizierte Befehle auszuführen, wie beispielsweise: „Mail Michael. Subject: Heute Abend. Message: Let’s meet for dinner“. Leider verstehen viele solcher Apps bislang nur englischsprachige Befehle, aber immerhin: Es klappt, und das sogar auf Anhieb.
Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich warte schon lange darauf, dass ich mit meinen digitalen Hilfsgeräten reden kann. Genau genommen warte ich schon seit 30 Jahren. 1980 hatte ich mich gerade selbständig gemacht und bekam von der Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“ den Auftrag, einen Text über die Zukunft des Computers zu übersetzen. Darin wurde ein damals noch völlig unbekannter junger Mann namens Bill Gates mit den Worten zitiert: „Das nächste große Ding in der Computerei wird Sprach-Ein- und Ausgabe sein. Sie werden ihrem Computer reden, und er wird Ihnen aufs Wort gehorchen.“ Auf die Frage, wie lange es noch dauern wird, bis es so weit ist, antwortete Herr Gates weitsichtig: „Drei bis vier Jahre…“
Nun, es hat etwas länger gedauert. Billy Boy ist kein pickelgesichtiger Jüngling mehr, sondern der reichste Mann der Welt. Und ich habe auch gerade meinen 60sten gefeiert. Und zwischen „mit seinem Computer reden“ und ein paar kurze Befehle ins Telefon bellen ist schon noch ein Riesenunterschied. Aber immerhin tut sich etwas.
Dafür könnte ich demnächst als Übersetzer arbeitslos sein, jedenfalls wenn es stimmt, was man über Googles neuen Dienst „Translate“ liest. Die Suchmaschine versucht gar nicht erst, eine Frage zu verstehen, wie alle Übersetzungsprogramme bisher, sondern vergleicht das, was ich eingebe, mit Texten, die schon vorher von anderen übersetzt worden sind. Dazu hat Google die Millionen und Abermillionen von Texten ausgewertet, die beispielsweise in Brüssel bei der EU oder bei der UNO in New York angefallen sind, und lässt sich die Ergebnisse durchrechnen. Die Trefferquote soll erstaunlich hoch sein, höher jedenfalls als bei konventioneller Maschinenübersetzung.
Ich habe spaßeshalber folgenden Satz bei Google eingegeben: „When will the stupid computer be able to understand everything I say?“ Das Ergebnis lautetete: „Wann wird die dummen Computer in der Lage sein, alles zu verstehen, ich sage?“ Nicht schlecht, aber auch noch nicht vollkommen grammatikalisch. Vielleicht habe ich ja doch ein eine Chance, paar Jährchen lang noch Arbeit zu bekommen. Und wenn sie nur darin besteht, Computerübersetzungen zu redigieren.
Eines Tages wird es aber tatsächlich so weit sein. Ich werde vor meinem Computer sitzen, ihm solche Texte wie diesen diktieren, ihm Befehle geben und ihm vielleicht, wenn ich ein einsam bin, ein paar Geschichten aus meiner Jugend erzählen. Von Bill Gates und von PCs, die man noch per Maus und Tastatur bedienen musste. Und wir werden beide herzhaft lachen. Vielleicht erscheint auf dem Bildschirm ein kleines Gesicht, das mir mit einem Auge zuzwinkert, ein „Smiley“, eben.
Aber das kann noch eine Weile dauern. Drei bis vier Jahre, mindestens…