Dieses Bild hätte mich bis gestern locker 1200 Euro kosten können. Es stammt aus der berühmtesten Bilddatenbank der Welt, nämlich von Getty Images, und die fackeln nicht lange, wenn sie irgendwo ein Foto sehen, das von einem ihrer Lichtbildhauer stammt und für das keine Linzenzgebühr bezahlt worden ist.
Bis gestern, wie gesagt. Da hat Getty eingesehen, dass es keinen Sinn mehr macht, jeden kleinen Blogger auf der Welt mit Anwalt und Abmahnung zu verfolgen. Im Angelsächsischen haben wir ein schönes und sehr weises Sprichwort: „If you can’t beat them, join them“. Übersetzt heißt das so viel wie: Wenn du sie eh nicht besiegen kannst, dann schließe dich ihnen an. Die Abmahnerei hat Getty ganz schön Arbeit gekostet und sie nebenbei in Bloggerkreisen zu einem der meistgehassten Markennamen der Welt gemacht.
Auf abmahnwelle.net gibt es über 100 Erfahrungsberichte von Leuten, die sich „getty_hasser“ oder „Total_pleite“ nennen und die alle den gleichen Fehler gemacht haben, nämlich ein Bild von GI online gestellt zu haben. Viele von ihnen haben gar nicht gewußt, dass sie das tun. Der Franzisverlag hat vor Jahren mal eine CD mit Webvorlagen verteilt, da waren Getty-Bilder drin, und viele, die gutgläubig eine Homepage damit gebaut haben, kriegten Monate oder sogar Jahre später Post von den GI-Anwälten mit einer Rechnung. So braute sich mit der Zeit ein kleiner Shitstorm zusammen, und das hat Getty offenbar so sehr getroffen, dass sie jetzt reagiert und aufgemacht haben.
Wer ein freigegebenes Getty-Foto auf seinem – nichtkommerziellen – Blog oder per Facebook oder Twitter teilen möchte, kann das jetzt ganz einfach tun. Man geht auf die Getty-Website, findet das Bild und klickt auf ein neues Button unten rechts, das aus zwei eckigen Klammern und einem Schrägstrich besteht. Es erscheint ein ziemlich langer HTML-Code, den man in den Beitrag kopieren kann.
Interessant fand ich die Begründung. „Was wir hier versuchen ist Verhalten, das bereits existiert, legal zu machen und dann zu versuchen, dem Fotografen etwas zurück zu geben, hauptsächlich durch Zuordnung und Verlinkung“, sagte Craig Peters, Content-Chef von Getty, in einem Interview mit CNet.
Das Problem ist nicht die Datenbank selber, da sind die Bilder mit Wasserzeichen vor zufälliger Verwendung geschützt. Es geht vielmehr darum, dass einer das Bild per Mausklick von einer anderen Webseite holt, deren Betreiber das Bild rechtmäßig erworben haben, und es per Cut & paste in seine eigene Homepage kopiert, oder wenn einer per Facebook auf einen Zeitungsartikel hinweist, in dem ein Getty-Bild verwendet wird, das dann in seiner Facebook-Timeline auftaucht. Streng juristisch gesehen ist das ein Urheberrechtsverstoß, und Getty war bislang unerbittlich.
Getty nennt das ihr „Embed Model“, weil die Metadaten des „eingebetteten“ Bildes erhalten bleiben und der Betrachter sie jederzeit bis zur Getty-Homepage zurückverfolgen und sich dort über mögliche Lizensierungsoptionen informieren kann. „Das Embed-Modell macht es dem Enduser einfacher, Bilder zu teilen und trotzdem die Zuordnung des Rechtsbesitzers zu erhalten“, sagt Peters. Einfach ausgedrückt: Der Blogger oder Facebooker macht Werbung für Getty, und vielleicht fließt da irgendwann mal Geld an die Bildagentur zurück. Vielleicht auch nicht, aber das Risiko ist ihnen offenbar klein genug. Außerdem ist es wohl ein kleiner Preis dafür, nicht mehr von Millionen von Menschen als geldgeile Aasgeier gehasst zu werden.
Wie sich die Zeiten doch ändern…