Moore’s Law beschreibt bekanntlich die Eigenschaft digitaler Geräte, ihre Kapazität ziemlich genau alle zwei Jahre zu verdoppeln. Implizit bedeutet dieses exponentielle Wachstum aber auch eine Halbierung der Kosten digitaler Rechenleistung. Und genau dies ist, mehr noch als andere Faktoren, wie der Wegfall variabler Kosten, der eigentliche Treiber des Preisverfalls in allen Märkten, die von der Digitalisierung erreicht und verändert werden. Dieser Preisverfall betrifft also nicht nur Mikroprozessoren und digitale Speichermedien, sondern auch Produkte und Dienstleistungen.
Und wie immer, wenn Märkte von einem derartigen Preisverfall erreicht werden, bemühen sich die Anbieter um möglichst direkte Beziehungen zu ihren Kunden, mit dem Ziel, alle, die nicht unmittelbar an der Wertschöpfung beteiligt sind, aus diesem Zusammenhang auszuschließen. Ermöglicht werden solch direkte Beziehungen heute durch einen Grad weltweiter Vernetzung von Herstellern und Händlern, Märkten und Kunden, wie wir ihn uns alle noch vor wenigen Jahren nicht hätten vorstellen können. Und beides zusammen, die immer weiter fortschreitende Digitalisierung einhergehend mit der globalen Vernetzung von Märkten und Menschen, hat in den letzten zwei Jahrzehnten nicht nur die gesellschaftlichen, sondern eben vor allem die wirtschaftlichen Verhältnisse teilweise auf den Kopf gestellt.
Digitalisierung ermöglicht aber auch eine extreme Prozessoptimierung, die wiederum Anbieter und Dienstleister in die Lage versetzt, mit dem beschriebenen Preisverfall Schritt zu halten. Leider zeigt ein Blick in die Praxis aber, dass in den meisten Unternehmen – große wie kleine – diese Prozessverbesserung dort an ihre Grenzens stößt, wo die digitale Vernetzung (noch) nicht zu Ende gedacht und geführt worden ist. Prozesse und Systeme gleichen heute mehr einer Gruppe von Inseln, die durch das Meer von Inkompatibilität, unterschiedliche Formate und Medienbrüchen gekennzeichnet ist.
Die ganz große Aufgabe, vor der alle Unternehmen heute stehen, wird es sein, Brücken zwischen diesen digitalen Inseln zu bauen um endlich das eigentliche Versprechen der Vernetzung einlösen zu können, nämlich: „Die richtige Information zur richtigen Zeit an die richtige Stelle.“
Information ist der wichtigste Rohstoff des Digitalzeitalters, weshalb „Big Data“ auch im Moment ein so aktuelles, aber auch ein so brisantes Thema ist. Unternehmen hoffen, durch die immer engere Verknüpfung von Daten aus den unterschiedlichsten Quellen zu neuartigen Erkenntnissen über Kundenbedarfe und Marktverhalten zu kommen. Branchenschätzungen zufolge wird die Menge der zur Verfügung stehenden Daten sich in von rund 9 Zettabyte im Jahre 2015 auf über 30 Zettabyte im Jahr 2020 mehr als verdreifachen. Hier allerdings stoßen wir an die Grenzen der herkömmlichen Computertechnik, denn zum speichern und verarbeiten derartiger Datenmengen wäre eine Computerleistung nötig, deren Energiebedarf die gesamte gegenwärtige Energieproduktion der Erde verbrauchen würde.
Neuartige „kognitiven“ Computersysteme,w ie sie zur Zeit von Firmen wie IBM („Watson“) entwickelt werden, sind in der Lage, die im Zuge von Big Data anfallenden Datenmengen wirtschaftlich zu verarbeiten und sind darüber hinaus lernfähig, also in der Lage, selbständig aus Informationen unterschiedlichster Art und Herkunft eigene Rückschlüsse zu ziehen und damit dem Menschen „intelligente“ Entscheidungsvorlagen aus Unmengen hochkomplexer Daten zu erzeugen.
Für die Finanzbranche eröffnen sich hier ungeahnte Möglichkeiten, denn längst übersteigt die Informationsmenge, die bei komplexen Transaktionen zu beherrschen wären, das Vermögen des Menschen, damit sinnvoll umzugehen. Die jüngste Finanzkrise ist das Ergebnis kollektiven Versagens der Finanzbranche beim Versuch, scheinbar ganz unterschiedliche, in Wahrheit aber zusammenhängende Trends und Ereignisse einzuordnen und zu deuten (die Entwicklung des Hypothekenmarktes in den USA, die Volatilität komplexer Finanzprodukte wie Derivate, schwankende Währungskurse, superschnelle Handelssysteme, politisch motivierte Austeritätspolitik, etc.).
Cognitive Computer werden dem Menschen helfen, Sinn aus diesem scheinbar unüberblickbaren Datenwust zu machen. Sie werden den Menschen jedoch nicht ersetzen, sondern zu unentbehrlichen Assistenzsystemen werden, deren „künstliche“ Intelligenz die natürlich Intelligenz des Menschen erweitern und ergänzen wird. Und das ist auch dringend nötig…