Robotergestützte Prozessautomatisierung (RPA) ist der Schlüssel dazu, Daten gleichzeitig in mehreren Systemen eingeben und bereitstellen zu können. RPA-Anbieter möchten Unternehmen Software-Tools zur Verfügung stellen, die diese manuellen, regelbasierten Aufgaben automatisieren können. Im Jargon der Branche werden diese intelligenten Systeme Robo-Bots genannt.
Lassen Sie sich nicht durch das Wort verwirren. Es geht nicht um einen komplizierten, mehr oder weniger menschenähnlichen Automaten, der beispielsweise in der Kreditorenbuchhaltung an einem Schreibtisch geparkt ist und Belege scannt. Diese Bots arbeiten mit künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen, um selbständig die Art der Aufgabe und der Daten schnell erfassen und Arbeiten, die zuvor von Menschen erledigt wurden, nachzuahmen. Ein intelligentes RPA-System kann die einzelnen Arbeitsschritte schnell aufzeichnen, analysieren und die erkannte Logik in seine eigenen Aktivitäten einbetten, um die Daten schneller als bisher zwischen den betroffenen Systemen auszutauschen – schnell und ohne Tippfehler, die bekanntlich das Markenzeichen von Menschen sind.
Das maschinelle Lernen in RPA kann den Prozess beschleunigen, indem es fundierte Vermutungen über die Bedeutung bestimmter Felder in Papier- oder elektronischen Dokumenten anstellt. Bots können auch einfach nur dem menschlichen Kollegen über die Schulter schauen und beobachten, wie er oder sie eine Aufgabe ausführt. Ein Bot, der einen Menschen beobachtet, der sich gerade Debitorenbelege ansieht, könnte beispielsweise feststellen, dass Werte über einem bestimmten Niveau in Rechnungen eines bestimmten Alters den Menschen zu einer bestimmten Aktion veranlassen – vielleicht die Kennzeichnung des Kontos für einen Anruf eines Menschen. Natürlich können Bots, genau wie ein menschlicher Assistent, von Zeit zu Zeit Hilfe oder Korrekturen benötigen, bis sie bei der Ausführung einer Aufgabe die menschliche Genauigkeit erreichen oder überschreiten.
An diesem Punkt beginnt sich die Investition auszuzahlen, denn der Mensch wird von einer lästigen Routinearbeit befreit und kann seine Zeit sinnvoller für wichtigere Aufgaben verwenden als nur die Eingabe von Daten und das Treffen von simplen Entscheidungen!
Die 4 Stufen der Automatisierung
Es gibt natürlich mehrere Arten von RPA. Eine davon ist die robotergestützte Desktop-Automatisierung, auch als Bildschirmschaber („Screen Scraper“) bezeichnet. Das ist ein Programm, wie sie beispielsweise von UiPath oder Mozenda angeboten werden und die Daten aus dem Internet abschöpfen und sie entsprechend den Anforderungen des Benutzers formatieren kann. So werden automatisch aus unorganisierten und groben Daten strukturierte, lesbare und skalierbare Informationen. Auf Grundlage der „geschabten“ Daten kann das Tool angewiesen werden, bestimmte Aufgaben zu erledigen, zum Beispiel das automatiosche Ausfüllen eines Webformulars.
Die etwas anspruchsvollere Version der Automatisierung nennt sich Enterprise RPA (ERPA) und zielt auf breitere Lösungen ab. ERPA-Werkzeuge können logische Pfade erkennen und erstellen, um eine größere Bandbreite von Prozessen zu modellieren, notwendige Daten zu sammeln und andere Werkzeuge und Systeme zu nutzen, ähnlich wie es ein Mensch tun würde. ERPA sperrt Menschen nicht unbedingt aus den Prozessen aus, bietet aber oft hilfreiche Funktionen wie Sicherheit und sogar Prüfpfade, so dass ERPA wiederum an der kurzen Leine gehalten werden kann – seine Aktionen werden überwacht und geprüft.
RPA-Systeme können auch fortgeschrittene Analysen und maschinelles Lernen umfassen. Sie passen sich an neue Gegebenheiten an; ein entscheidender Unterschied im Vergleich zu vielen traditionellen IT-Lösungen, die oft komplett überarbeitet werden müssen, um auf neuen Aufgaben und Situationen anwendbar zu sein.
RPA ist keine Wunderwaffe und kann nicht alle geschäftlichen Herausforderungen lösen. Sie ist auch komplexer und erfordert einen größeren Einsatz an Zeit und Talent als beispielsweise eine typische Paketsoftware-Implementierung. Auch die Interaktionen zwischen den Bots müssen antizipiert und verstanden werden. Vielleicht ist das der Grund, warum so viele RPA-Anwender große Unternehmen sind, wo die nötigen Ressourcen und das technische Vorwissen vorhanden ist.
Die Vorteile können aber auch kleinere Unternehmen nutzen. Es verdichten sich nämlich die Anzeichen, dass Microsoft vorhat, sein gerade bei Mittelstandsunternehmen populäres ERP-System Dynamics um ein RPA-Modul zu erweitern. In einem Analystenbriefing sagte CEO Satya Nadella im Herbst 2019, „unsere Plattform wird Robot Process Automation mit Self-Service, Analytics und No-code-Entwicklung vereinen und damit unsere Kunden in die Lage versetzen, eine mehr datenzentrische Kultur zu schaffen.“
Bruce Orcutt, Marketingchef des auf ki-basierte Lösungen zur Dokumentenerfassung und optische Zeichenerkennung spezialisierten ABBYY, ist überzeugt, dass Microsoft früher oder später diesen Weg gehen wird. „Microsoft hat wirklich robuste Workflow-Plattformen, und es wäre interessant zu sehen, ob sie sich für eine engere Zusammenarbeit mit einem RPA-Anbieter entscheiden,“ sagte er in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Smart Industry. „Das Ökosystem sollte es ausfechten. Es wäre nämlich interessant zu sehen, wo sie damit landen,“ meinte er. Aufgrund des großen Hypes um RPA sei eine weitere Konsolidierung der Anbieterlandschaft unvermeidlich. Für Orcutt wäre es interessant zu sehen, was passiert, wenn andere Software-Risen wie Oracle oder SAP demnächst auf den Zug aufspringen und kleinere RPA-Anbieter übernehmen würden. „Das würde den Druck erhöhen,“ ist er überzeugt.
RPA verleiht Superkräfte
Die IT-Abteilung mag zwar über die Fähigkeiten verfügen, bei der Implementierung von RPA zu helfen, aber sie wird im Einführungsprozess vielleicht nicht benötigt oder gewünscht, da RPA so eng mit den Geschäftsprozessen verzahnt ist und sich bei der Definition der Aufgaben und der Schulung auf das Business verlässt. Andererseits kann die durch RPA verursachte Automatisierung Auswirkungen haben, die über die bloße Beschleunigung einiger Aufgaben und die Freisetzung menschlicher Talente hinausgehen, so dass die frühzeitige Abstimmung mit der IT wahrscheinlich doch eine gute Idee ist. Natürlich können Integratoren und Berater in der Regel Beziehungen zu einem geeigneten RPA-Anbieter den Weg ebnen.
Da RPA auf Kernprozesse des Unternehmens zugreift, ist Sicherheit ein wichtiges Thema. Es müssen integrierte Schutzvorrichtungen da sein, die ungewöhnliches oder auffälliges Verhalten erkennen und lokalisieren können. Tatsächlich konzentrieren sich die meisten RPA-Anbieter auf etwas, das man fast als Cyborg-Ansatz zu diesem Thema bezeichnen könnte. Bei aller Automation wird der Mensch nach wie vor im Mittelpunkt stehen müssen, aber mit RPA werden sie über Superkräfte verfügen. RPA könnte helfen, Alarme zu bündeln, Gegenmaßnahmen zu organisieren und Schadensfälle zu kategorisieren, damit sie besser handhabbar sind.