Anpöbeln im Internet

Dümmer geht’s nümmer…

Die Angst geht um im Internet, die Angst davor, als „gläserner Verbraucher“ ausspioniert zu werden. Und da ist was dran. Natürlich weiß ich, dass ich eine digitale Spur hinterlasse, jedes Mal wenn ich einen Webshop besuche oder auf eine Online-Anzeige klicke. Ich erzähle auch oft und gerne die Geschichte von Amazon, die mich mittlerweile so gut kennen, dass ich meine eigene Homepage bei denen habe, in dem es nur um mich geht und das, was ich mag oder was Amazon denkt, das mir gefallen könnte – und sie haben fast immer Recht damit!

Ich fühle mich von Amazon nicht belästigt, sondern gut bedient. Service nennt man so was – leider in Deutschland häufig immer noch ein Fremdwort, auch 15 Jahre nachdem Minoru Tominaga mit einem Bestseller den Begriff „Servicewüste“ geprägt hat. Und in all den Jahren, in denen ich bei Amazon einkaufe, habe ich nicht ein einziges Mal das Gefühl gehabt, dass die irgendwelchen Schindluder mit meinen persönlichen Daten betreiben. Sie zum Beispiel an andere Unternehmen verkaufen, damit die versuchen können, mir etwas zu verkaufen, das ich gar nicht will. „Kluge Unternehmen sind die besten Datenschützer“, sage ich manchmal in meinen Vorträgen, und meine Zuschauer nicken dazu.

Es gibt aber nicht nur kluge Unternehmen. Es gibt zum Beispiel die Firma booking.com in Amsterdam, die ausweislich ihres deutschen Impressums von einem Geschäftsführer namens Darren R. Huston geleitet wird – und der hat überhaupt nichts kapiert!

Herr Huston, beziehungsweise seine Firma, verkaufen Kundendaten ganz offen weiter, zum Beispiel an den Axel-Springer-Verlag in Berlin, die eine Tageszeitung namens „Die Welt“ herausgibt und auch eine Online-Ausgabe davon betreibt. Gemeinsam bilden die beiden – booking.com und Axel Springer – eine Datenschieberbande, wie sie dümmer nicht auftreten kann.

Wieso ich das weiß?

Weil ich in diesen Tagen viel unterwegs bin in Deutschland und meine Nächte häufig in Hotels verbringen muss. So habe ich neulich bei booking.com ein Zimmer gebucht in einem recht merk-würdigen Hotel in Koblenz gebucht. Das Contel liegt direkt an der Mosel und heißt bim Koblenzer Volksmund das „Hundertwasser-Hotel“, weil es an der Fassade mit eigenwilligen Mosaikbildern verziert ist und der Besitzer auch sonst einen recht skurrilen Geschmack hat. Dafür sind die Zimmer bequem und das Essen im Restaurant sehr gut, und die Preise halten sich in Grenzen, erst recht, wenn man über bookinmg.com bucht und damit in den Genuss von Internet-Rabatten kommt.

Übernächste Woche muss ich in Münster in Westfalen reden, und ich habe deshalb gestern verschiedene örtliche Hotels auf booking.com angesehen, zum Beispiel das Stadthotel Münster, das Hotel Windthorst und das Treff Hotel Münster City Center. Ich habe schließlich ein anderes Hotel gebucht, aber diese Namen kann ich mir sehr gut merken, und zwar deshalb, weil ich sie heute Morgen sah, als ich die Online-Ausgabe der „Welt“ aufrief, um einen Artikel über Obamas Pläne einer Steuererhöhung für Reiche zu lesen.

Ich las sie in einer Anzeige, die nach wenigen Sekunden am Kopf der Seite auftauchte und die mir abwechselnde vier verschiedene Hotelnamen mit Kurzbeschreibung und kleines Foto präsentierte, immer die gleichen vier. Spaßeshalber habe ich die Seite neu laden lassen, und wieder tauchte die Anzeige mit vier Hotel auf, nur diesmal andere, nämlich zwei in Braunschweig und jeweils eine in Koblenz und Münster. Ja, ich habe bei booking.com auch Hotels in Braunschweig besichtigt, weil ich nächsten Monat  auf die CeBIT muss und dort die Hotels um diese Zeit immer ausgebucht sind oder gesalzene und gepfefferte Messepreise verlangen.

Und jetzt frage ich mich: Wie dumm müssen Herr Huston und der Verlagsleiter der „Welt“ sein, dass sie mir unaufgefordert Hotels in Städten anbieten, wo ich schon war oder wo ich schon gebucht habe? Dumm deshalb, weil ich erstens nicht noch ein Hotel in der gleichen Stadt brauche, denn ich habe ja bereits ein anderes Hotel gebucht – und booking.com weiß das, weil ich ja bei ihnen gebucht habe. Es ist aber vor allem deswegen dumm, weil ich mich gestört fühle.

Ich fühle mich belästigt – so als ob mich ein Penner in der Fußgängerpassage anmacht und fragt, ob ich nicht etwas Kleingeld hätte. Das ist nichts anderes als digitales Anpöbeln. Und ich mag so was nicht.

Das ist dumm für Herrn Huston, weil ich mich vor allem über ihn ärgere und seine dämliche Firma booking.com, die mich nie, nie wieder als Kunden bei sich sehen wird. Denn bei dummen Menschen und dummen Firmen kaufe ich nichts, und wie dumm die Typen dort sind haben sie mir ja eindrucksvoll bewiesen. Es gibt Konkurrenten, viele sogar. Sie heißen HRS oder hotel.de, Trivago oder Holidaycheck. Ich sehe ihre Anzeigen, wenn ich bei Google das Wort „Hotel“ eingebe. Dort steht auch immer eine Anzeige von booking.com, und es war reiner Zufall, dass ich zuerst dort geklickt habe.

Es war, wie sich herausstellt, ein schwerer Fehler. Und ich werde ihn nie wieder machen. Und daran ist Darren R. Huston schuld. Er hätte nämlich die Regel Nummer eins des Internet-Marketing kennen müssen: Lass dich nicht erwischen bei der Datenschieberei. Es kann dich deine Kunden kosten.

 ***

Nachtrag: Und es geht weiter. Als ich heute morgen, also einen Tag nach dem Erscheinen dieses Beitrags, eine deutsche Übersetzung für ein italienisches Wort suchte und dabei auf die Website von babla geriet, begrüßte mich nebenstehende Anzeige. Kommt einem doch irgendwie vertraut vor, oder? Hotel Jellentrup, Pentahotel Braunschweig, Treff Hotel Münster. Dumm, dass ich das Treff-Hotel bereits gebucht habe, nicht wahr?

PS: Weiß jemand, was „bustachina“ heißt? Google weiß zwar alles, aber das nicht. Muss wohl Lombardisch sein.

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