Es ist erstaunlich – und erschreckend – wie wenig Geschichtswissen heute in der Schule gelehrt wird. Anders kann ich jedenfalls die Frage eines jungen Quoroten nicht verstehen, der schrieb: „Nachdem Frankreich im Zweiten Weltkrieg ungefähr so viel geleistet hat wie Belgien oder Norwegen, warum wurde ihm nach dem Krieg die Kontrolle über ein ganzes Viertel Deutschlands übertragen?„
Diese Frage enthält so viele falsche Annahmen, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll zu korrigieren. Frankreich besaß zu Kriegsbeginn das größte Heer in Europa. Zwischen 1930 und 1940 hatte Frankreich unter riesigen Kosten die 1000 Kilometer lange Maginot-Linie gebaut, diesich von Basel bis Belgien erstreckte. Auf eine Fortführung bis zur Nordsee wurde verzichtet, weil sie den Großteil der französíschen Soldaten als Besatzung gebunden hätte. Außerdem war die Maginotlinie nicht für die Verteidigung gegen Panzer konzipiert.
Die Deutschen griffen bekanntlich unter Bruch des Völkerrechts durch Belgien, Holland und Luxemburg an, umgingen so die Franzosen sowie das zu Hilfe geeilte Britische Expedistionskorps und stießen mit ihrer „Blitzkriegtaktik“ schnell bis Paris vor, was die Franzosen zur Kapitulation zwang. Die Briten retteten einen Großteil ihrer nach Frankreich entsandten Truppen durch eine improvisierte Evakuierung, das so genannte „Wunder von Dünkirchen“.
Die „Schlacht um Belgien“ dauerte nur 18 Tage und endeten mit der Kapitulation der rund 600.000 belgischen Truppen, die vorher allerdings einen als „heldenhaft, aber hoffnungslos“ beschriebenen Widerstand leisteten.
Norwegen war ein Nebenkriegsschauplatz und der Wehrmacht hoffnungslos unterlegen. Dennoch schafften es die Norweger, die einen verbissenen Partisanenkrieg gegen ihre Besatzer führten, groß deutsche Truppenteile zu binden. Zwischen 1940 und 1945 mußten mehrere hunderttausend deutsche Soldaten in Norwegen stationiert blieben, wobei auf acht Norweger ein deutscher Soldat kam.
Frankreich wurde in zwei Teile geteilt; einen Nördlichen unter direkter deutscher Militärverwaltung mit Sitz in Paris und das so genante „unbesetzte Frankreich“ mit einer Hauptstadt im Badeort Vichy im Département Allier, die ab Juli 1940 Sitz der neuen französischen Regierung mit dem Staatsoberhaupt und Ministerpräsidenten Marschall Henri Philippe Pétain war. Dem Vichy-Regime unterstanden ungefähr 40 Prozent des französischen Staatsgebiets mitsamt den Kolonien sowie ein 100.000 Mann starkes Freiwilligenheer, ein bedeutender Teil der Kriegsmarine, der sich in die Häfen des Mittelmeers und der Kolonien zurückgezogen hatte, und eine kleine Luftwaffe.
Am 3. Juli 1940 griff die britische Hochseeflotte auf Befehl Churchills die im Marinestützpunkt Mers El Kébir in Oran an der Küste Französisch-Algeriens stationierte Flotte des Vichy-Regimes an, um zu verhindern, dass sie in die Hände der Deutschen fiel. Die französische Flotte galt als zweitstärkte in Europa nach Großbritanien. Bei dem Angriff wurde das Schlachtschiff Dunkerque, der Stolz der französischen Marine, versenkt, zwei weitere Schlachtschiffe wurden schwer beschädigt. Der Angriff auf Mers-el-Kébir belastetet die Britsch-französische Verhältnis dauerhaft.
Nach dem Waffenstillstand vom 22. Juni 1940 führte der französische General Charles de Gaulle mit seiner Forces françaises libres den Kampf gegen die Deutschen mit Unterstützung der Alliierten weiter. 1944 bildete er schließlich die Provisorische Regierung der Französischen Republik. In Frankreich führten Hundertausende von Kämpfer der Réstistance einen erbitterten Partisanenkrieg gegen die Deutschen. Die Besetzung Frankreichs endete erst mit der Kapitulation der deutschen Truppen anlässlich der Befreiung von Paris am 24. August 1944.
Da Frankreich zu Kriegsbeginn mit Großbritannien und Polen eine Verteidgungsallianz gebildet hatte, zählten sie sich selbst 1945 zu den Siegermächten und beanspruchten für sich einen entprechenden Status. 1944 war von der Europäischen Beratenden Kommission (EAC) die Teilung der Hauptstädte Berlin und Wien, allerdings nur in je drei Sektoren vorgeschlagen worden. Auf der Konferenz von Jalta in 1945 wurde die Besatzungsplanung für Deutschland ebenfalls nur von den drei Hauptalliierten (USA, Vereinigtes Königreich, UdSSR) konkretisiert. Die Entscheidung, Frankreich eine eigene Besatzungszone sowie einen Platz im Alliierten Kontrollrat zur Verfügung zu stellen, erfolgte endgültig erst im Sommer 1945 auf der Potsdamer Konferenz. Die französische war aber die kleinste der vier Besatzungszonen und umfasste nur 8,5 Prozent des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937.