Bist du schon einmal im Fernsehen oder in einem Film aufgetreten, hat mich neulich einer auf Quora gefragt. Nun, im Fernsehen war ich ja oft, und zwar als Moderator der Sendung eTalk bei n-tv mit meinem Freund Ossi Urchs zwischen 2000 und 2003 und immer wieder als Gast in diversen Talksshows, wenn es um digitale Themen ging. Zum Film habe ich es nicht geschafft – aber immerhin habe ich einen bekannten Regisseur zu seinem berühmtesten Film inspiriert!
Ich war nach meinen Stationen bei Tageszeitungen wie die Stuttgarter Nachtrichten und BILD 1978 zu auto motor und sport gewechselt – nicht, weil ich etwas von Autos verstand, sondern weil der Chefredaktuer Ferdinand Simoneit (den wir alle nur „Simmi“ nannten) mich haben wollte, um der langweiligen Automobilisten-Fachzeitung mehr journalistischen Pepp zu geben.
Ich bekam freie Hand, mit die Stücke auszusuchen, die ich schreiben wollte, Von der Dame aus Texas, zum Beispiel, die sich in ihrem selbergrauen Cadillac DeVille beerdigen ließ und darauf bestand, dass der Wagen vollgetankt sein sollte, damit sie im Jenseits gleich weiterfahren konnte. Oder die alte Schloßherrin in Irland, die sich seit 60 Jahren immer im gleichen Fahrzeug, einer Rolls Royce Silver Ghost zum Fünfuhrtee in den örtlichen Tea Shop fahren ließ – sie selbst hatte gar keinen Führerscheon. Ich habe Geschichten geschrieben über den Fuhrpark des Papstes und der Queen und habe einen Londoner Taxifahrer damit zu einem sehr glücklichen Mann gemacht.
Als ich einstieg, habe ich ihm gesagt. „Zum Buckingham Palace“, bitte. Er hielt mich für einen typischen Touristen und wollte mich vorne am Haupttor absetzen, wo die Tourguides alle warteten.“
„Nein,“ sagte ich, bitte da drüben hin“ und deutete auf das kleine Tor rechts vom Haupteingang, wo ein Gardesoldat im Rotrock mit Bärenfellmütze stand. Mein Fahrer war sehr skeptisch, tat aber, was ich ihm sagte. Als er das Fenster runterkrubelte, beugte sich der Gardist herunter und sage: „Mr. Cole? Sie werden erwartet. Fahren Sie bittte da drüben hin.“ Mein Fahrer rollte im Schleichgang über den knirschenden Kies zur Eingangstür, hinter der sich das königliche Pressebüro befand, und als ich ihm sein Fahrgeld geben wollte, winkte er traumverloren ab. „Es ist okay, Mate – davon werde ich noch meinen Enkelkindern erzählen können…“
Zum Film bin ich aber ganz anders gekommen. Ich hatte Wind davon bekommen, dass es in Lissabon angeblich einen Taxifahrer geben sollte, der seit mehr als 50 Jahren mit ein und demselben Fahrzeug Gäste durch die Straßen der portugiesische Hauptstadt kutschiert. Ich schnappte mir also meinen Lieblingsfotografen Manfred Schmidt, und wir flogen nach Lissabon. Und dort am Rossio, dem zentralen Platz der Altstadt, fanden wir ihn der langen Schlange dereschwarz-grünen Taxis: Augusto Macedo, der älteste Taxifahrer von Lissabon, und sein Auto – ein Oldsmobile F-28 Cabriolet, den er 1928 nach seinem Militärdienst gekauft hatte und mit dem er seitdem seinen Lebensunterhalt verdiente.
Augusto war damals schon steinalt und trug immer einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd, das er bis zum Hals zugeknöpft trug. Sein Auto, erzählte er, habe schon mehr als eine Million Meilen auf dem Tacho und war noch nie ernsthaft kaputt. Das führte er darauf zurück, dass er in den hügeligen Straßen von Lissabon den Motor immer nur anmachte, um bergauf zu fahren; auf der anderen Seite machte er ihn aus und rollte hiununter. „Eigentlich hat er also nur eine halbe Million Meilen hinter sich“, sagte er verschmitzt.
Die Geschichte, die für auto motor und sport schrieb, sorgte für einiges Aufsehen. Was ich aber nicht wußte, war das der Münchner Filmsmacher Wolf Gaudlitz wohl auch ein Leser von ams war. Jedenfalls reiste er ein paar Jahre später ebenfalls nach Lissabon und kontaktierte den alten Augusto, der dann die Hauptrolle spielte in seinem Kunstfilm „Taxi Lisboa“ spielte, das in den 90ern durch die Programmkinto tingelte und auch heute noch manchmal spätabends in den etwas abgehobenen TV-Kanälen zu sehen ist.
Gabi und ich waren übeigens später oft in Lissabon, meistens zu Silvester, wo wir gerne mit einem Glas Champagner von der Festung San Jorge aus dem Neuen Jahr zuprosteten. Wir haben den alten Augusto und sein Auto immer wieder gehen, meistens unten am Hafen, wo die Kreuzfahrschiffe anlegen und er immer irgendwelche Amerikaner als Fahrgäste fand, die in seinem US-Oldtimer durch die Straßen von Lissabon kutschieren wollten. Als wir 1999 wieder hinfuhren, war Augusto nirgendswo zu finden. Und ein Kollege von ihm sagte mir, dass er vor zwei Jahren gestorben sei. Nein, wo sein alter Oldsmobile abgeblieben sei wisse er nicht.