Der Witzbold von der traurigen Gestalt

Mach’s gut, alter Witzbold! (Foto: Future Image)

Norbert Blüm war leider in der falschen Partei. Er wäre ein toller Sozialdemokrat gewesen, aber er war leider ein Pfälzer Sozialkatholik, und da kam für ihn nur die CDU infrage. Als ich ihm das gesagt habe hat er gelacht.

Er hat überhaupt sehr gerne gelacht. Wir sind auf den Marienberger Tagen in Südtirol mal gemeinsam aufgetreten. Abends sind wir mit unseren Ehefrauen im Wirtshaus zusammengesessen, und Norbert hat Witze erzählt. Er war der beste Witzeerzähler, den ich je kennengelernt habe, und unser Wirt war genauso einer. Die beiden haben sich drei Stunden lang gegenseitig aufgeschaukelt: Ein Witz ergab den nächsten, und uns allen hat der Bauch anschließend wehgetan vor lauter Lachen.

Dazwischen hat er uns ein bisschen von seinem Leben erzählt, und das war alles andere als witzig. Seine Tochter hat einen Mann geheiratet, der für eine große Firma nach Russland ging und sich dort in eine russische Oligarchentochter verknallt hat. Vorher haben sich die beiden ein Haus gekauft, und weil das Geld nicht gereicht hat, ist Norbert mit einer Bürgschaft eingesprungen. Der junge Mann hat sich aus Moskau gemeldet und mitgeteilt, dass er erstens nicht zurückkommen und er zweitens keinen Cent mehr abbezahlen werde.

Norbert hat zehn Jahre lang alles Geld, was er aus seiner Pension als Minister und Abgeordneter bekam, an die Bank abführen müssen. Die Tochter saß inzwischen allein mit den Enkelkids daheim. Dass er sich später noch eine Blutvergiftung zugezogen hat, an der er letztlich auch gestorben ist, war nur noch eines obendrauf. Jeder andere wäre verbittert gestorben – aber wenn ich an Norbert Blüm denke, höre ich ihn nur laut lachen. So möchte ich ihn auch in Erinnerung behalten. Mach’s gut, du alter Witzbold!

 

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