Die Salzburger haben gewählt – oder auch nicht! Wären Sie eine Partei, hätte die Gruppe der Nichtwähler die absolute Mehrheit errungen. Es hat immer wieder Anläufe gegeben, das zu ändern. In Österreich gab es zwischen 1929 und 1982 eine Wahlpflicht bei der Bundespräsidentenwahl. Die gibt es heute noch in über einem Dutzend Ländern, von Ägypten bis Uruguay. Wer in Luxemburg die Wahl schwänzt, bekommt eine Geldbuße zwischen 100–250 € (ausgenommen sind Bürger über 75 Jahre).
Ich hätte eine andere Idee. Wie wäre es, wenn wir die nichtabgegebenen Stimmen, die ansonsten ja verloren sind, einfach Kandidaten zuweisen? Wir könnten zum Beispiel eine Landesliste für Nichtwähler einrichten. Kandidaten können sich dafür unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit oder sogar als Parteilose bewerben. Die Plätze auf den Landeslisten würden per Los entschieden.
Noch interessanter wäre ein Zufallsgenerator, der die Aufgabe übernehmen könnte, jede einzelne nicht abgegebene Stimme einem der angetretenen Kandidaten zuweist. Dem Nichtwähler wäre es ja explizit egal, wer seine Stimme bekommt, denn er hat ja andere Dinge für wichtiger erachtet als Wählen zu gehen.
Eine Wählerstimme stellt ja einen gewissen Wert dar. Eine Wahl abzuhalten kostet eine Menge Geld. Teil man diese Summe durch die Anzahl der Wahlberechtigten, kann man diesen Wert sogar auf Heller und Pfennig bestimmen. Durch Nichtwählen entsteht also der Gesellschaft ein herber finanzieller Verlust.
Aber wenn wir wirklich Geld sparen wollen, warum lassen wir überhaupt alle wählen. In dern USA gibt es einen kleinen Weiler namens Dixville Notch in New Hampshire, wo traditionell alle registrierten Wähler – 2016 waren es genau acht – sich um Mitternacht am einzigen Wahllokal (der Ballsaal des uralten Balsams Grand Hotel) versammeln. Die Stimmzettel, die sie vorher schon ausgefüllt haben, werfen sie innerhalb von einer Minute in den Kasten, drei Minuten später sind sie ausgezählt, und das amtliche Endergebnis wird per Telefon an die Wahlleitung in der Hauptstadt Concord durchgegeben.
Die Bürger von Dixville Notch liegen erstaunlich oft richtig. So haben sie die Wahlen von Richard Nixon (1972), Ronald Reagan (1980 und 1984) George H.W. Bush (1988), George W Bush (2000 und 2004) und Barack Obama (2008 und 2012) exakt vorhergesagt. Bei der letzten Wahl lagen die guten Leute von Dixville Notch allerdings kräftig daneben: Sie gaben Hillary Clinton 4 und Donald Trump nur 2 STimmen (die beiden anderen gingen an Gary Jpohnson, einem Unabhängigen, und Mitt Romney).
In Österreich fällt es auch nicht schwer, den passenden Ort für eine solche repräsentative Wahl zu finden. Ich denke an Thomatal, eine Gemeinde im Bezirk Tamsweg mit 333 Einwohnern, die auch die Gewohnheit haben, alle um Mitternacht aufzustehen und gemeinsam wählen zu gehen. Allerdings steht in Thomatal nur eine einzige Partei zur Wahl, die „Gemeinschaft für Thomatal“, der sich alle Parteien zusammengeschlossen haben und die seit Jahren immer genau 100% der Stimmen bekommen. Allerdings gibt es inzwischen auch in Thomatal ein paar Wahlschwänzer: Die Wahlbeteiligung lag heuer nur bei 80,5%. Außerdem ist die Zahl der ungültigen Stimmen angesteigen, von 6,3 auf 15,4% Und so kam es, dass der einzige Bürgermeisterkandidat, Klaus Drießler, nur auf, zumindest für Thomatal, enttäuschende 91,6% Zustimmung kam.
Bevor wir also das Thomataler System bundesweit ausrollen, werden wir wohl noch ein bisschen daran feilen müssen.