Das Internet macht Preise durchsichtig und vergleichbar. Für den Kunden ist das eine feine Sache – aber was macht der Anbieter, der trotzdem noch Gewinn machen möchte? Viele mittelständische Unternehmer tun sich schwer mit der neuen Transparenz des Internet.
Claus Dzimkowski geht gerne mit der Zeit. In seinem Leuchtenstudio „Licht & Design“ (http://www.licht-design-glienicke.de) in Glienicke südöstlich von Berlin stehen modernste Kreationen von Achille Castiglioni, Philippe Starck, Tobias Grau und Axel Meise – alles Artikel, die es er als Fachhändler in seiner Region exklusiv führt. Dass die Produkte inzwischen auch bei eBay auftauchen, stört ihn nicht: Bei uns kaufen die Leute Beleuchtungslösungen und keine Lampen. Wir leben von der Beratung und von unserer Kompetenz“, sagt der Unternehmer selbstbewusst.
Doch Dzimkowski hat außerdem noch eine Filiale im Internet, über die er einfache Produkte – Glühbirnen und Energiesparlampen – vertreibt. Und mit seinem Online-Shop „preiswerte-leuchtmittel.de“ steht er in voller Konkurrenz zu den Billiganbietern. Bei ihm steht beispielsweise die langlebige „Osram Delux EL Longlife“ mit 9,59 Euro im Internet. „Ganz reell kalkuliert“, wie er behauptet. Doch mit einem Mausklick findet der Online-Shopper über Google auch zu Preisvergleichs-Portalen wie „preisroboter.de“. Und dort ist die gleiche Birne für 6,35 Euro zu haben. „Wie die das machen, ist mir schleierhaft“, sagt Dzimkowski. Aber er ist machtlos. Wenn trotzdem ein Kunde trotzdem bei ihm kauft, ist das „wohl eher ein Glücksfall“, gibt er zu. Die Umsätze sind entsprechend bescheiden. „Zum Glück muss ich nicht davon leben“, sagt Dzimkowski.
Willkommen in der neuen Welt des Internet, in der jeder sofort weiß, was ein Produkt oder eine Dienstleistung kostet und wo sich die Anbieter einen gnadenlosen Kampf ums Unterbieten des Gegners liefern. „Keiner kann sich mehr verstecken“, sagt der Internet-Guru Ossi Urchs. Die Zeiten, in denen Hersteller oder Händler ihre Preise mehr oder weniger nach Gutdünken festlegen konnten, sind seiner Meinung nach längst vorbei: „Früher musste der Kunde lange Fußmärsche auf sich nehmen, wenn er herausfinden wollte, wie viel das gleiche Produkt in anderen Läden kostet. Heute surft er kurz und weiß Bescheid.“
Manche Anbieter versuchen sich vor der neuen Transparenz zu schützen, indem sie auf ihrer Website einfach keine Preise mehr veröffentlichen, sondern diese nur auf telefonische Anfrage hin verraten. „Das ist kurzsichtig“, glaubt Urchs. Denn wer beim Online-Besuch eines Anbieters ins Leere laufe, der könne einfach weiterklicken und gehe dem Unternehmen als Kunde verloren. „Viele fürchten sich vor der neuen Offenheit, aber es nützt nichts“, sagt Urchs. Sein Fazit: „Irgendwann muss jeder die Hosen runterlassen.“
Der Anbieter – nackt im Netz? Für viele ein Albtraum, aber offenbar unvermeidlich, wie der Vertriebstrainer Thomas Burzler, Inhaber der Beratungsfirma Sales Motion in Dillingen an der Donau behauptet. „Man kann die Uhr nicht zurückdrehen“, sagt er. Wohl aber ließen sich Strategien finden, mit denen ein Anbieter notfalls auch höhere Preise rechtfertigen könne, denn, so Burzler, „der Preis ist längst nicht alles!“
Der Verkaufs-Profi rät Anbietern, den Kunden durch gezielte und wahrnehmbare Mehrwertleistungen zu ködern. „Natürlich bekomme ich den Fernseher im Internet etwas billiger. Ich kann als Händler aber dem Kunden anbieten, das Gerät nach Hause zu liefern, es aufzustellen und ihm bei der Senderprogrammierung zu helfen. Das bekomme ich nicht per Internet“, ist er sicher.
Das schlagendste Argument, beim stationären Handel zu kaufen, liefert seiner Meinung nach das Internet selbst. Burzler zählt eine lange Liste von Nachteilen auf: „Ich kann im Internet nichts anfassen oder anschauen. Ich muss immer wieder meinen Namen und meine Adresse eintippen. Ich muss meine Kreditkarte angeben, was mit einem gewissen Risiko verbunden ist. Und das Paket kommt meistens dann an, wenn ich nicht daheim bin, also muss ich am nächsten Tag extra zur Post laufen. Und das alles für ein paar Euro Preisdifferenz? Nein Danke!“
Doch selbst im Internet lassen sich oft höhere Preise durchsetzen. Das behauptet jedenfalls Christoph Kock der aus Oldenburg in Holstein. Sein Online-Shop, „Frank Frankens Teeladen“, gibt es schon seit 1992, womit er zu den echten Internet-Pionieren zählt. „Wir sind nicht immer die billigsten“, gibt Kock zu, „aber die meisten Leute, die bei uns einkaufen, sind echte Stammkunden. Die schauen nicht so sehr auf den Preis – die wollen Qualität. Und die setzt sich immer durch – auch im Internet…“.
Keine Angst vor Transparenz, so lautet die Botschaft. Für Thomas Burzler erübrigt sich deshalb die Frage, ob Unternehmer offensiv oder vielleicht doch lieber defensiv auf die neue Herausforderung reagieren sollen: „Offensiv, auf jeden Fall!“ Sein Rat: „Wenn einer sagt, er habe im Internet einen günstigeren Preis gefunden, dann sagen Sie ihm, was er bei Ihnen für die Differenz alles bekommt. Wenn Sie diese Frage überzeugend beantworten können, haben Sie schon gewonnen!“