Wie alt ist eigentlich das Internet? Gute Frage, auf die es leider keine einfache Antwort gibt. DARPA, die „Defense Advanced Research Projects Agency“ wurde nach dem Sputnik-Schock 1958 ins Leben gerufen und gilt unter Fachleuten als die Keimzelle des Internet. Paketvermittlung, das die technische Grundlage des Internet bildet, wurde in den frühen 60ern entwickelt, und Vint Cerf erfand zusammen mit Bob Kahn 1973 das TCP/IP-Protokoll. Ein Jahr früher wurde an der Stanford-Universität das Network Information Center (NIC) gegründet, das später „InterNIC“ hieß und die Domainnamen des Internet weltweit verwaltete. Damals sprachen die Eierköpfe schon von einem Prinzip, das sie „internetworking“ nannten und das sie verwendeten, um verschiedene Computer über unterschiedliche Netzwerke – Standleitungen, Telefonnetz, etc. – miteinander zu verbinden. Irgendwann in den 80ern fing man dann an, von einem „Internet“ zu reden, und im März 1989, also vor genau 25 Jahren, reichte Tim Berners-Lee seinen legendären Vorschlag für ein „World Wide Web“ bei der Instutiutsleitung des Kernforschungszentrums CERN in Genf ein.
Aber halt: Wieso ruft dann eco, der Verband der deutschen Internetwirtschaft, 2015 zum großen Jubiläumsfeier „25 Jahre Internet“ auf? Können die nicht rechnen? Oder gehen in Deutschland die Uhren anders?
Ich habe gestern Abend im Luxushotel Schloß Bensberg bei Köln der eco-Mitgliederversammlung beigewohnt und dort einen Vortrag über das „Ende von E-Mail“ gehalten, aber das ist ein ganz anderes – allerdings auch ein sehr spannendes – Thema. Nach mir gab es dann eine Präsentation der jungen Hamburger Kreativagentur „Zum goldenen Hirschen“, die allerdings, wie ich als Jäger sofort erkannt habe, in ihrem Firmenwappen einen goldenen Rehbock führen. Egal, es ging jedenfalls um eine Riesensause, die eco nächstes Jahr abziehen will und in deren Mittelpunkt neben allerlei Inter- und Mitmachaktion eben auch eine große Party mit Geburtstagstorte stehen soll, auf dem „25 Jahre Internet“ zu lesen sein wird. Die entsprechende Website, www.25-jahre-internet.de, befindet sich zwar noch im Aufbau, soll aber am März 2015 fertigeschaltet sein und mit solchen Goodies aufwarten wie virtuelle Geburtstagskerzen, die sich jeder auf die Homepage stellen kann, ein „Best-of-Internet-Song“ zum Mitsingen und Filme aus der ebenfalls geplanten TV-Kampagne. Mit an Bord sind angeblich SPD-Chef Siegmar Gabriel und die „BILD-Zeitung“. „Ganz Deutschland wird 25 Jahre Internet feiern“, sagte mir eco-Chef Harald Summa, dem die Partylaune schon deutlich im Gesicht geschrieben stand.
Aber wieso 25? Was ist an dem Jahr 1990 so Besonderes gewesen? Das war das Jahr, als mir Ossi Urchs seine ersten Abenteuergeschichten von Begegnungen mit Menschen „im Internet“ erzählte, und er war da schon eine ganze Weile im Cyberspace unterwegs gewesen, wie viele vor allem an den Unis und in Forschungsinstituten.
Des Rätsels Lösung lieferte mir Prof. Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender der eco e.V., als wir uns nach dem Essen zu einem Schlummertrunk trafen. „Es geht um 25 Jahre kommerzielles Internet“, meinte er. Das, was davor war, sei sozusagen eine Spaßveranstaltung gewesen, ein Studentenulk. Richtig ernst geworden sei es eben 1990, da sei das Internet sozusagen erwachen geworden. Und warum nennen sie es dann nicht so? „25 Jahre kommerzielles Internet“ ist eben nicht so sexy. In der Kürze liegt die Würze, und es geht ja hier schließlich um Werbung, da ist sprachliche Verknappung angesagt.
Nun, ich finde, es genügend Gründe, das Internet zu feiern, wann auch immer. Und ich denke, wir werden nächstes Jahr viel Spaß haben – so wie wir es eigentlich jedes Jahr haben, eben seit es das Internet gibt…