Ein Mensch müsste schon hinterm Mond leben oder die letzten Jahre auf einer einsamen Insel verbracht haben um nichts von der Revolution mitzubekommen, die das mobile Telefonieren ausgelöst hat. C- und D-Netz erleichtern vieles, schaffen aber eine Reihe neuer Probleme im ohnehin schon problematischen menschlichen Miteinander. Denn des einen Freud ist bekanntlich des anderen Leid.
Wer beispielsweise mit seinem Buchmacher telefoniert, während der Vertriebschef gerade die neuste Verkaufsstrategie erläutert, hat keine Manieren. Und bald auch keinen Job mehr.
Wer andererseits beim Seelengespräch mit der baldigen Ex-Freundin einen Anruf von seiner nächsten Herzensdame entgegennimmt und sich turtelnd fürs Kino verabredet, ist nicht nur taktlos, sondern beweist – schlimmer noch – mangelnden Sinn für den korrekten Umgang mit moderner Telekommunikation. Da kann nur noch ein D-Netz-Knigge helfen.
Während wir es bisher gewohnt waren, beim Telefonieren allein zu sein, vollziehen wir heute den Telefonverkehr mit unseren Handys und Porties meist in aller Öffentlichkeit. Nur der grüßte Exhibitionist wird dabei nicht das Bedürfnis verspüren, die Nerven seiner Mitmenschen möglichst wenig zu strapazieren. Fingerspitzengefühl und gesunder Menschverstand reichen dabei aber häufig nicht aus: Es fehlt der Ratgeber für alle, die das mobile Telefon als ständigen Begleiter im Alltag nutzen wollen oder müssen.
Soll man das Handy in der Straßenbahn oder im Restaurant benutzen? Ist es statthaft, sich im Büro eines anderen oder während eines Meetings anrufen zu lassen? Wann muss ich das Gerät mit Rücksicht auf andere ausschalten und wann nicht? Fragen über Fragen, die wir mit diesem Mini-Buch beantworten wollen.
Gesellschaftliche Konventionen unterliegen einem ständigen Wandel. Was sich heute im D-Netz schickt, mag morgen schon als Fauxpas gelten oder umgekehrt. Es ist noch nicht so lange her, da lernten wir, Spargel niemals mit dem Messer zu schneiden. Heute lächelt man milde über einen, der versucht, die Stangen am Stück in den Mund zu balancieren.
Andererseits sind sich die meisten Menschen in unseren Breiten darüber einig, dass man nicht in Gesellschaft seine Fingernägel reinigt, in der Nase bohrt oder bei Tisch den Ellenbogen aufstützt. Diese Benimmregeln fußen auf einer langen Tradition. Mobiltelefone hingegen gibt es erst seit kurzer Zeit. Wer sich mit ihnen ins Getümmel wagt, betritt – wenn Sie so wollen – Etikette-Neuland. Dabei müssen Sie sich so manche Regel selber geben – eine echte Herausforderung.
(aus: connect. D-Netz Knigge; Autor: Tim Cole; © 1994 by Motor-Presse Stuttgart)
Dieser Beitrag erschien ursprünglich am 4. Februar 1995 im Cole-Blog
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